Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Der Frost hat den Reben zugesetzt
Thüringer Winzer: Mehrarbeit in den Hängen, weniger Traubenansätze und durchwachsene Geschäftsaussichten
Mitte Mai schädigte der Frost zahlreiche Reben auf den Thüringer Weingütern. Anderthalb Monate später haben sich die Befürchtungen über zu erwartende Ernteausfälle nicht verflüchtigt. Ein Lichtblick: Merkliche Niederschläge in den letzten Wochen im Wechselspiel mit Sonne brachten gute Bedingungen dafür, dass sich die Weinstöcke erholen konnten. „Wir hatten zum Glück keine Totalausfälle bei den Stöcken.
Alle haben wieder ausgetrieben“, freut sich Andreas Clauß vom Thüringer Weingut Bad Sulza in Sonnendorf. Am Grafenberg bei Jena, wo nahezu 100 Prozent der Triebe abgestorben waren, sei zwischenzeitlich sogar die doppelte Regenmenge wie am Stammsitz gefallen. Die Reben seien regelrecht hochgeschossen.
Auch auf dem Thüringer Weingut Zahn in Kaatschen hat die Witterung für eine vorsichtige Entspannung der Lage geführt. „Das hilft, den Rückstand aufzuholen“, so
André Zahn. Schätzungen beider Weingüter gehen davon aus, dass die Stöcke in der Pflanzenentwicklung zwischen drei und fünf Wochen hinterher seien. Da der erste Austrieb Blütenstände durch den Frost verlor und der zweite Austrieb naturgemäß weniger fruchtbar ist, sind Ernteeinbußen so oder so nicht vermeidbar. „Ich rechne momentan mit einer halben Ernte“, so Andreas Clauß. Sein Winzer-Kollege André Zahn schätzt die Verminderung bei der Lese sogar auf 50 bis 70 Prozent. Verkompliziert wird die Lage noch dadurch, dass der natürliche Arbeitszyklus in den Weinhängen dieses Jahr ein Wunschdenken bleibt. Während in manchen Reihen die Blüten bereits abgeworfen sind, fängt es in anderen Bereichen desselben Hanges erst an zu blühen. „Normalerweise verläuft das Wachstum gleichzeitig“, ergänzt Andreas Clauß. So aber müssen die Arbeiter drei- oder viermal in den Hang, um den selben Arbeitsschritt durchzuführen. „Dieses Jahr müssen wir um jede Traube kämpfen“, so Andreas Clauß.