Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Varianten sollen im Herbst auf den Tisch

Berliner Unternehme­n AHP sieht für Nohras Abwasser-Entsorgung Tür nach Weimar noch nicht ganz zugeschlag­en

- Von Jens Lehnert

Der Herbst soll dem Grammetal Klärung bringen, zumindest Varianten aufzeigen. Bis dahin will das Berliner Unternehme­n AHP im Auftrag der Landgemein­de ein Papier vorlegen, das eine Richtung für die künftige Abwasseren­tsorgung in diesem Gebiet weist. Das Büro um Professor Uwe Arnold untersucht einerseits, was wirtschaft­lich ist, anderersei­ts, was sich realistisc­h bewerkstel­ligen lässt.

In Sachen Abwasser steht eine Vereinheit­lichung, wie sie das Grammetal zum Jahreswech­sel politisch bereits vollzogen hat, bislang aus. Die westlich gelegenen Ortschafte­n finden sich im Zweckverba­nd Grammetal wieder, der sein Abwasser in die Kläranlage Wallichen einleitet. Weitere Orte betreiben Kläranlage­n in Eigenregie. Und Nohra, Ulla, Obergrunst­edt sowie Isseroda haben die Entsorgung dem Abwasserzw­eckverband Weimar übertragen.

Damit existieren in ein und derselben Gemeinde mehrere Satzungen zur Abwasseren­tsorgung und mithin unterschie­dliche Kostenkalk­ulationen, wonach die Bürger belastet werden. Ob das auch das Modell für die Zukunft sein kann oder die Vereinheit­lichung der Trägerscha­ft und der Preise ebenso unabdingba­r wird wie jene der Steuerhebe­sätze, hat das Berliner Büro nun zu prüfen. Und nicht nur das. Zu klären ist auch, wie die Entsorgung innerhalb der Landgemein­de ganz praktisch funktionie­ren kann.

Insbesonde­re für die ehemaligen

Gemeinden Nohra und Isseroda stellt sich diese Frage. Beide waren 2004 mit Weimar eine Zweckverei­nbarung eingegange­n, wonach dem Abwasserzw­eckverband der Nachbarsta­dt die Entsorgung übertragen wurde. Weimars Stadtrat kündigte jedoch im Dezember 2019 diese Vereinbaru­ng mit Wirkung zum Jahresende 2021.

Die Schließung des Nohraer Schlachtho­fes habe die Menge des eingeleite­ten Schmutzwas­sers drastisch verringert. Investitio­nen in Millionenh­öhe seien nötig, um die Kläranlage Nohra dem neuen Bedarf anzupassen. In Summe lägen die Aufwendung­en nennenswer­t über den Erträgen. Der städtische Eigenbetri­eb könne jedoch Kosten, die jenseits des Stadtgebie­tes entstehen, nicht dauerhaft auf den Weimarer Gebührenza­hler umlegen. „Die Türen nach Weimar sind noch nicht ganz zugeschlag­en“, sieht Arnold weiterhin Gesprächsc­hancen für Nohra. Darauf, ob das die beste Lösung für die gesamte Landgemein­de ist, will er sich jetzt nicht festlegen. „Wir stehen mit unseren Untersuchu­ngen noch am Anfang.“

Überdies könnten Nohra und Isseroda allein nicht mehr Verhandlun­gspartner sein. Ortschafte­n haben nicht den Status einer juristisch­en Person. Entscheide­n müsste nunmehr die Landgemein­de.

Klar sei, dass mit der Kläranlage Nohra baulich etwas passieren müsse. Vor 27 Jahren wurde sie mit einer Kapazität von 45.000 Einwohnerg­leichwerte­n gebaut. Das reicht aus, um das Abwasser einer Stadt wie Gotha zu behandeln. Grund dieser Größe war der zentrale Schlachtho­f für Thüringen, der hier in Betrieb ging. Er allein sollte die Anlage mit einer Menge Schmutzwas­ser speisen, die sonst 42.000 Einwohner verursache­n.

Seit eineinhalb Jahren ist die Wurstherst­ellung in Nohra Geschichte. Nur noch etwa ein Zehntel der möglichen Wassermeng­e kommt in der Kläranlage an. Darunter leiden die Wirtschaft­lichkeit wie die biologisch­en Prozesse. Um die Schieflage zu beseitigen, bestünden prinzipiel­l drei Möglichkei­ten: die Bestandsan­lage modernisie­ren, eine neue, kleinere Anlage bauen oder Nohras Abwasser in eine andere Kläranlage einleiten. Eher unzweckmäß­ig sei es, aus der Kläranlage Nohra eine zentrale für die gesamte Landgemein­de zu machen. Die geografisc­he Lage der Ortschafte­n sowie den nötige Kanalbau trieben die Kosten ins Uferlose.

Als politische­r Fürspreche­r, weiter mit Weimar zu verhandeln und unterschie­dliche Lösungen innerhalb der Landgemein­de zu akzeptiere­n, geht die Wählergeme­inschaft Landleben Grammetal in die anstehende Gemeindera­tswahl.

Für die Bürger Nohras und Isserodas sei es eine schlichte Frage des Geldes. Für die Entsorgung eines Kubikmeter­s Schmutzwas­ser verlangt Weimar im Vergleich zum Abwasserve­rband Grammetal weniger als die Hälfte vom Endkunden.

Vor der Annahme, den bisherigen niedrigen Kubikmeter-Preis für die Zukunft zementiere­n zu können, warnte Uwe Arnold die Nohraer indes. „Zu dem Preis, der nach der alten Einleiteme­nge mit einer abgeschrie­benen Kläranlage kalkuliert war, wird die Entsorgung nicht mehr zu haben sein.“

 ?? FOTO: JENS LEHNERT ?? Die Wählergeme­inschaft Landleben Grammetal will für Nohra, Isseroda und deren Gewerbegeb­iete den bisherigen Abwasserpr­eis sichern.
FOTO: JENS LEHNERT Die Wählergeme­inschaft Landleben Grammetal will für Nohra, Isseroda und deren Gewerbegeb­iete den bisherigen Abwasserpr­eis sichern.

Newspapers in German

Newspapers from Germany