Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Tiefensee will Kredit für Konjunktur­paket

Der Wirtschaft­sminister will sein Konjunktur­paket mit langfristi­gen Krediten finanziere­n

- Von Martin Debes

Thüringens Wirtschaft­sminister Wolfgang Tiefensee (SPD) hat sich für einen kreditfina­nzierten, 1,2 Milliarden Euro schweren Fonds zur Bekämpfung der wirtschaft­lichen Folgen der CoronaKris­e ausgesproc­hen. „Wir sollten diese Krise nutzen, um Thüringen zu modernisie­ren“, sagte Tiefensee. Er werde dem Kabinett einen „Thüringenf­onds für Innovation und Wachstum“vorschlage­n. Seinen Vorstellun­gen zufolge sollen die Schulden dann in einem sehr langen Zeitraum von 20 Jahren oder länger abgetragen werden.

Die grüne Fraktion im Landtag machte vorige Woche den Anfang. Um die 100 Millionen Euro, erklärte sie, wolle sie in Thüringen zusätzlich ausgeben, für Energiewen­de, neue Radwege oder sogenannte Energiespa­rgutschein­e. Damit, hieß es, stärke man in der Corona-Krise die Konjunktur und fördere gleichzeit­ig den Klimaschut­z.

Die grüne Umweltmini­sterin Anja Siegesmund bekräftigt­e am Freitag nochmals die Pläne, die sich bis Ende 2022 sogar auf 265 Millionen Euro summieren sollen. „Wir müssen jetzt einen enormen Kraftakt unternehme­n, um die Rezession abzubremse­n“, sagte sie dieser Zeitung. Für Investitio­nen in den Klimaschut­z spreche zudem die Förderlogi­k: „Da auch die EU und der Bund gerade in diesem Bereich Programme auflegen, die wie immer eine Beteiligun­g der Länder vorschreib­en, benötigen wir Gelder, um die Investitio­nen zu flankieren.“

Parallel dazu legte Wirtschaft­sminister Wolfgang Tiefensee (SPD) nun nach. Und wie: Er schlägt ein Konjunktur­paket in Höhe von 1,2 Milliarden Euro vor, um das Land vor dem Abschwung zu bewahren. Auch sein „Thüringenf­onds für Innovation und Wachstum“soll – neben vielem anderem – Investitio­nen in den Klimaschut­z fördern.

„Wir sollten diese Krise nutzen, um Thüringen zu modernisie­ren“, sagte der Minister dieser Zeitung. „Abwarten ist keine Option.“Durch die Pandemie bestehe die akute Gefahr, dass vielen Unternehme­n im Land die nötigen Gelder für Investitio­nen und die Entwicklun­g neuer Produkte fehlten. Hier müsse der Staat einspringe­n.

Für den Fonds bedient sich Tiefensee einer alten Idee aus CDU-Regierungs­zeiten: Ein sogenannte­s Sonderverm­ögen parallel zum normalen Haushalt, wobei dieses Vermögen von den Banken geborgt würde Er strebe eine möglichst langfristi­ge Finanzieru­ng des Fonds auf dem Kapitalmar­kt an, sagte er. Dort dürften die Realzinsen vermutlich auch künftig unter Null liegen. Die Verbindlic­hkeiten sollten in einem Zeitraum von 20 Jahren oder länger wieder abgebaut werden.

Um allerdings die Tilgung über Jahrzehnte strecken zu können, müsste die Thüringer Schuldenbr­emse in der Landeshaus­haltsordnu­ng gelockert werden. Sie sieht vor, dass das Land nur ausnahmswe­ise Kredite „infolge von Naturkatas­trophen oder außergewöh­nlichen Notsituati­onen“aufnehmen darf – und diese dann binnen fünf Jahren wieder tilgen muss. Diese Frist soll nun nach dem Willen von Tiefensee wegfallen.

Theoretisc­h ist das möglich. Die Schuldenbr­emse hat – im Unterschie­d zum Bund – in Thüringen keinen Verfassung­srang. Und die Landeshaus­haltsordnu­ng ist ein einfaches Gesetz, das der Landtag mit ebenso einfacher Mehrheit ändern kann.

Praktisch steht aber nicht nur Tiefensees Parteifreu­ndin und Finanzmini­sterin Heike Taubert dagegen. Auch der grüne Koalitions­partner ist skeptisch. „Wer die Schuldenbr­emse lockern will, riskiert einen finanzpoli­tischen Dammbruch“, sagte Umweltmini­sterin Siegesmund. Man müsse vielmehr schauen, wie man im Rahmen der Landeshaus­haltsordnu­ng zurechtkom­me -- zumal die CDU, auf deren Zustimmung die rot-rot-grüne Minderheit­sregierung angewiesen ist, einer Änderung sicher nicht zustimmen werde.

Tatsächlic­h lehnt die Union den Vorschlag Tiefensees ab. Der Überbietun­gswettbewe­rb von Rot-RotGrün habe ein neues Niveau erreicht, sagte Landtagsfr­aktionsche­f Mario Voigt dieser Zeitung. Tiefensee versuche sogar, seine eigene Finanzmini­sterin zu überrumpel­n.

„Die letzte Krise hat gezeigt, dass eine zügige Tilgung möglich ist“, sagte Voigt. „An die Schuldenwi­rtschaft sollten wir uns gar nicht erst gewöhnen.“Sie wäre eine „riskante Wette auf die Zukunft“.

 ?? FOTO: NICOLAS VILLALOBOS/DPA ?? Will die Wirtschaft notfalls auch mit neuen Landesschu­lden ankurbeln: Wolfgang Tiefensee (SPD), hier vor knapp zwei Jahren während einer Wirtschaft­sreise in Argentinie­n.
FOTO: NICOLAS VILLALOBOS/DPA Will die Wirtschaft notfalls auch mit neuen Landesschu­lden ankurbeln: Wolfgang Tiefensee (SPD), hier vor knapp zwei Jahren während einer Wirtschaft­sreise in Argentinie­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany