Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Die blühende Schatzkammer von Panama
Im steilen Hochland des mittelamerikanischen Staates wachsen die Bohnen für den teuersten Kaffee der Welt. Von dem Geld, das er auf dem internationalen Markt einbringt, sehen die Pflücker vor Ort allerdings nicht viel
Die US-amerikanische Kaffeeversand-Kette Klatch Coffee bietet den nach eigenen Angaben teuersten Kaffee der Welt: Eine Tasse des „Elida Natural Geisha 803“soll stolze 100 Dollar kosten. Die Bohnen für das edle Getränk haben den ersten Platz beim „Best of Panama“-Wettbewerb abgeräumt und wurden für einen Rekordpreis von 1029 Dollar (fast 850 Euro) pro Pfund versteigert. An Kaffeebohnen haben der kleine Tiger und der kleine Bär nicht gedacht, als sie sich – wegen einer Bananenkiste – im berühmten Janosch-Buch nach Panama aufmachten. In einem hatten sie jedoch Recht: Schön ist Panama wirklich.
Bananen gibt es da auch, aber vor allem Kaffee. Riesige Plantagen, die wie ein grüner Teppich die Berge überziehen und dahinter Vulkane, auf denen weiße Wolkenberge sitzen. Die Hochlandlage macht den guten Kaffee aus, sagt die Amerikanerin Emily Janson, die mit ihrem schwedisch-stämmigen Mann eine Kaffeefarm betreibt. Und guter Hochlandkaffee ist teuer. Wie teuer, das habe ich mir nicht träumen lassen: Bis zu 300 Dollar wird für ein Pfund Geisha-Kaffee Natural bei Auktionen bezahlt. Denn die Herstellung dieses vor allem bei Japanern beliebten Kaffees ist aufwändig, sagt Emily. Handverlesen muss er sein und in der Schale getrocknet. Nur dann entstehen die Aromen, die seine Güte ausmachen.
Citrus und Bergamotte, Honig und Kakao, Beeren und Jasmin
Wir dürfen probieren, riechen an Bohnen, löffeln ein Pröbchen, schlürfen aus Tassen, „kauen“den Geschmack wie bei einer Weinprobe. Denn für Emily ist ihr GeishaKaffee
so etwas wie der BordeauxWein Panamas. Vielseitige Aromen findet sie bei dieser Probe: Citrus und Bergamotte, Honig und Kakao, auch Beeren und Jasmin. Ich staune. Für mich schmeckt der Geisha eher nach Tee als nach Kaffee. Mit der Einschätzung bin ich nicht allein. „Ich brauche eine neue Nase“, stöhnt ein Mittester. Wir sind wohl alle Espresso-verdorben.
Die Kaffeepflücker haben andere Probleme. Zwischen 8,00 und 12,50 Euro verdienen sie für ihre schwere Arbeit in den steilen Hochlagen – am Tag. Die empfindlichen Kaffeekirschen – das sind die von einer Haut umgebenen Bohnen – werden einzeln von Hand gelesen, eine mühsame Prozedur. Um einen 40-Kilo-Sack mit den Kirschen zu füllen, braucht ein erfahrener Pflücker einen halben Tag. Den Sack muss er übrigens beim Pflücken auch noch mitschleppen. 100 Kilo Rohkirschen ergeben etwa 20 Kilogramm Rohkaffeebohnen. Normalerweise werden die Kirschen geschält, gewaschen und getrocknet. Zur Erntezeit kommen die meist indigenen Pflücker oft mit der ganzen Familie und leben dann in kleinen Häusern, manchmal auch in Verschlägen. Was sie hier in drei Monaten verdienen, muss fürs ganze Jahr reichen. Deshalb helfen oft auch die Kinder beim Pflücken mit.
Auch auf der Finca Lerida sind indigene Erntearbeiter unverzichtbar, sagt Cesar Caballero. Er führt Touristen durch die Farm, die eine lange Kaffee-Geschichte hat: 1926 ging der erste Export-Kaffee nach Berlin. Cesar erzählt mit ansteckendem Enthusiasmus von Kaffeebäumen, die wie Menschen sind („Mit 80 sind sie ausgelaugt“) und von den Erntearbeitern, die von der „Wohltat des Kaffees“lebten. Der teure Geisha-Kaffee ist für ihn ein „Marketing-Gag“, seiner Meinung nach wird die Pacamara-Bohne aus El Salvador bald zum teuersten Kaffee der Welt. Auch der Kaffeegeschmack unterliegt dem Zeitgeist. Wir sehen, wie Bohnen mit und ohne Schale trocknen – und dann auch das Lager mit Säcken voller grüner Bohnen. Cesar hebt eine Handvoll Bohnen aus einem der Säcke und steckt die Nase hinein. „Riecht nach Geld“, sagt er.