Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Minister verteidigt Thüringer Richter und Staatsanwälte
Opferberatung Ezra kritisiert Verfahren gegen Neonazis. Adams sieht keinen Anlass zu Misstrauen
Die Kritik an der Strafverfolgung rechtsmotivierter Angriffe ist deutlich. Franz Zobel, Projektkoordinator der Opferberatungsstelle Ezra für Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt, sagt:
„Wir sehen massive Probleme bei der Strafverfolgung.“Er fordert Justizminister Dirk Adams (Grüne) direkt auf einzugreifen.
Woher diese Kritik stammt? Zobel nennt den Ballstädt-Überfall von Neonazis auf eine Kirmesgesellschaft 2014, den Freispruch und die Verfahrenseinstellung nach dem Überfall auf das linke Jugendzentrum AJZ in Erfurt und die inzwischen mehr als dreijährige Wartezeit auf ein Verfahren gegen zwei Rechtsextremisten, die im Eichsfeld Journalisten überfallen und schwer verletzt haben sollen.
Der Justizminister will das nicht stehen lassen: „Pauschaler Kritik der Justiz gegenüber stelle ich mich entgegen und sehe keinen Anlass zu diesem Misstrauen.“Er betont die „uneingeschränkte richterliche Unabhängigkeit“und stellt sich vor die Staatsanwälte und Richter.
Die Antwort auf die „Kleine Anfrage“der AfD-Abgeordneten Nadine Hoffmann ist umfangreich. Seitenlang und chronologisch führt das Bildungsministerium jede einzelne Corona-Infektion auf, die ihm seit Beginn der Pandemie in Kindergärten und Schulen bekannt geworden ist. Mehr als 30 Seiten umfasst die detaillierte Tabelle – und doch fällt sofort etwas ins Auge: Für den Januar 2020 werden drei bestätigte PCR-Tests angegeben, die bei Mitarbeitern in Kindergärten das Coronavirus nachgewiesen haben sollen.
Eine Panne? Oder grassiert die Pandemie doch schon viel länger in Thüringen als bisher angenommen? Im Bildungsministerium ist man zunächst ratlos über diese Zahlen, die angebliche Infektionen im Landkreis Eichsfeld, dem Landkreis Greiz und im Saale-Orla-Kreis belegen sollen. Landrat Werner Henning (CDU) aus dem Eichsfeld winkt auf Anfrage dieser Zeitung sofort ab: Es könne sich nur um einen Fehler handeln. Die erste bestätigte Infektion in einem Kindergarten sei in seinem Landkreis im November 2020 aufgetreten.
Nach zwei Tagen Recherche klärt das Bildungsministerium auf. Tatsächlich, so sagt es ein Sprecher von Minister Helmut Holter (Linke), komme hier nur ein menschlicher Fehler in Betracht. Hintergrund ist, dass jede Corona-Infektion als sogenannte BV-Meldung für ein besonderes Vorkommnis an das Ministerium gesendet werde. „Dafür steht den Einrichtungen seit einiger Zeit ein maschinenlesbares Formular zur Verfügung, um die Weiterverarbeitung in unserer Datenbank zu erleichtern. Unsere Überprüfung hat ergeben, dass beim Ausfüllen der Formulare die Jahreszahl falsch eingegeben wurde – ein nachvollziehbarer menschlicher Fehler kurz nach dem Jahreswechsel“, sagt der Sprecher. Die Daten würden jetzt korrigiert und erneut versendet.
Damit bleibt der damals 57-Jährige aus dem Saale-Orla-Kreis, dessen Infektion im März 2020 nachgewiesen wurde, weiterhin der CoronaPatient null in Thüringen.