Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Anzeigen gegen Weimarer Richter
SPD-Landtagsabgeordnete Marx sieht Grenzen der Zuständigkeit überschritten
Weimar. Die Staatsanwaltschaft Erfurt muss sich weiter mit dem Weimarer Familienrichter Christian Dettmar befassen. Jetzt hat ihn die SPD-Landtagsabgeordnete Dorothea Marx (SPD) ebenfalls wegen Rechtsbeugung angezeigt. Marx begründet ihren Schritt gegenüber dieser Zeitung so: „Mir geht es darum, dass er sich zu Unrecht angemaßt hat, für zwei betroffene Schulen Regeln mit Wirkung für die gesamte Schulgemeinschaft aufzustellen.“Sie ist davon überzeugt, dass Dettmar die Grenzen seiner Zuständigkeit deutlich überschritten hat. Das habe mit richterlicher Unabhängigkeit nichts mehr zu tun, sagt sie.
Dettmar war vor zwei Wochen bundesweit in die Schlagzeilen geraten, weil er mit einem Beschluss unter Berufung auf die Gefährdung des Kindeswohls (§ 1666 BGB) für zwei Schulen in Weimar angeordnet hatte, dass unter anderem die Maskenpflicht aufzuheben sei und auch Mindestabstände zum Schutz vor dem Corona-Virus nicht mehr eingehalten werden müssen. Er hatte das in seinem Beschluss auf die beiden Schulen bezogen, an denen die Kinder unterrichtet werden. Kritisiert wurde überdies, dass er sich insbesondere auf solche Gutachter berufen hat, die den Corona-Maßnahmen insgesamt kritisch gegenüberstehen, er also für seine Entscheidung keine ausgewogene wissenschaftliche Meinung herangezogen haben soll.
Die Zahl der Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft Erfurt ist in dem Zusammenhang mittlerweile deutlich gestiegen. Zwischenzeitlich liegen der Anklagebehörde zehn Anzeigen wegen Rechtsbeugung vor, wie ein Sprecher auf Anfrage dieser Zeitung bestätigt. Vergangene Woche waren es noch drei. Entscheidungen darüber, ob Ermittlungen eingeleitet werden, stünden noch aus.
Auch am Amtsgericht Weimar sind weitere Verfahren anhängig, mit denen gegen die Maskenpflicht an Schulen mit der Erwirkung eines Kindeswohlbeschlusses vorgegangen werden soll. Mindestens 19 Verfahren, in denen auf einen Beschluss nach § 1666 BGB gegen die Maskenpflicht an Schulen in Thüringen gehofft wird, liegen zwischenzeitlich vor. Weitere Entscheidungen seien aber noch nicht ergangen, sagte eine Gerichtssprecherin auf Anfrage.
Mit dem beschiedenen Antrag muss sich derweil das Oberlandesgericht in Jena befassen. Der Senat hat darüber aber noch nicht entschieden. Zwischenzeitlich hat das Verwaltungsgericht in Weimar Eilanträge gegen die Verordnung des Bildungsministeriums abgelehnt und dabei festgestellt, dass der Beschluss des Amtsgerichts Weimar „offensichtlich rechtswidrig sei“und damit einem Beschluss des Verwaltungsgerichts nicht im Wege stehen könnte.