Thüringische Landeszeitung (Weimar)
„Es war eine ganz schöne harte Zeit“
75 Jahre TLZ Erika Fleischer hat 30 Jahre lang im Chefsekretariat gearbeitet und ist danach viel gereist. Jetzt wird sie 90
Der Tag, an dem Erika Fleischer ihre Arbeit im Sekretariat der Chefredaktion der TLZ antrat, liegt mehr als 60 Jahre zurück. Die TLZ war damals erst 15 Jahre alt. Und heute dürfen wir der Frau, die mehr als 30 Jahre Dienst tat für diese Zeitung, zum 90. Geburtstag gratulieren. Ganz schön viele Zahlen, die da zusammenkommen. Und um Zahlen ging es auch, als Erika Fleischer als Schreibkraft bei der TLZ anfing – zunächst nur sonntags.
Nachmittags riefen die Sportjournalisten in der Zentrale an, gaben Spielverläufe und Ergebnisse durch. Das war genau das Richtige für Erika Fleischer zum Einstieg in die Redaktion: Sie war sportbegeistert als auch fix beim Erfassen der Texte. Schließlich hatte sie bei Zeiss in Jena Stenotypistin gelernt. 1956 hatten sie und ihr Mann Manfred geheiratet – und beinahe wären sie in Ruhla ansässig geworden. Aber es kam anders für die gebürtige Camburgerin. Ihr Mann wurde ins Uhrenwerk nach Weimar geholt und war dort im Bereich Forschung und Entwicklung als Technischer Direktor tätig.
Es fand sich für die Fleischers in Weimar eine Wohnung. Und es fand sich – über die Liberaldemokraten, deren Zeitung die TLZ war – rasch ein Platz im Kindergarten für ihre kleine Tochter Elke, die 1958 geboren wurde. Die Fähigkeiten von Erika
Fleischer blieben nicht unentdeckt, so dass sie vom Erfassen der Sporttexte bald ins Chefsekretariat wechselte. „Es war eine ganz schöne harte Zeit“, sagt Erika Fleischer über die DDR-Jahre. Der Chefredakteur wusste an ihr zu schätzen, was sie ihm alles abnahm und was sie alles für ihn vorbereitete. Was Erika Fleischer durchaus beobachtete, waren kleine und größere Eitelkeiten mancher Schreiber. Und davon erzählt sie mit jenem Augenzwinkern, das sagen soll: So war das eben. Einer habe sich gar ein Akzentzeichen zugelegt, damit sein Name mehr Klang hatte …
Beim Amtsantritt von Erika Fleischer im Chefsekretariat hatte die TLZ über Ulbrichts Enthüllungen berichtet. Es ging im Sommer 1960 um „Bonner Kriegsvorbereitungen gegen die DDR und das ganze sozialistische Lager“. Als sie vor bald 30 Jahren ihren Abschied nahm, wurde über die Nachwende-Krise der Jugend und deren sich in Aggressionen ausdrückende Hilflosigkeit berichtet. Für Erika Fleischer begann die große Reisezeit. Zwar war sie schon Mitte der 1980er Jahre mit ihrem Mann unterwegs gewesen, aber nun waren sie nicht mehr auf wenige Urlaubstage angewiesen. Und sie nutzen diese Reisefreiheit weidlich, waren fast überall. Fotos und Filme zeugen davon. Dieser Lebensabschnitte endete, als Erika Fleischers Mann erkrankte und verstarb. Das liegt nun auch schon wieder ein Jahrzehnt zurück.
Erika Fleischer kann weitgehend selbstständig ihren Alltag meistern. Die Lektüre der TLZ ist für sie unabdingbar. Inzwischen hat sie beide Impfungen. Ihr Wunsch zum 90. Geburtstag? „Ich will, soweit es möglich ist, gesund bleiben.“
„Was wir sehen wollten, das haben wir gesehen.“
Erika Fleischer langjährige Chefsekretärin der TLZ