Thüringische Landeszeitung (Weimar)
In vielen Schulen und Kindergärten bald wieder Notbetreuung
Neues Infektionsschutzgesetz bedeutet Testpflicht und Schließungen in weiten Teilen des Landes
Mit Inkrafttreten der gestern vom Bundestag beschlossenen Änderungen am Infektionsschutzgesetz müssen sich Eltern und Kinder in Thüringen darauf einstellen, dass Schulen und Kindergärten flächendeckend schließen. „Eine Notbetreuung wird gesichert. Wir werden die bestehenden Regeln dafür nicht ändern“, sagte Bildungsminister Helmut Holter (Linke). Durch die Gesetzesnovelle wird überdies auch im Freistaat eine Testpflicht an Schulen gelten. „Diese wird so ausgestaltet, dass sich Schülerinnen und Schüler entsprechend des Testangebots zweimal pro Woche selbst testen müssen“, so ein Sprecher des Bildungsministeriums. Andernfalls dürften sie die Schulen nicht betreten. Die Lage wegen fehlender Tests in Schulen und Kindergärten entspannt sich nach Regierungsangaben gerade. Thüringen verteile derzeit weitere 650.000 Tests an die Schulen, davon 500.000 neue Spucktests.
In welchen Regionen die Notbremse greift: tlz.de/lockdown
Der Bundestag hat die „Notbremse“im Infektionsschutzgesetz beschlossen. Wenn die Länder am Donnerstag im Bundesrat mehrheitlich zustimmen – was erwartet wird – tritt sie mit Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten in Kraft. Das kann ab Freitag sein.
Trotz Kritik unter anderem aus Thüringen bleibt die Inzidenz, also die registrierten Corona-Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche, der alles entscheidende Wert. Wird in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt an drei aufeinander folgenden Tagen die Marke 100 überschritten, gelten ab dem übernächsten Tag schärfere Maßnahmen. Nach aktuellem Stand wäre davon ganz Thüringen betroffen, da keine Region unter der 100 liegt. Der landesweite Durchschnitt betrug am Mittwoch 240.
Zum Beispiel die viel diskutierten Ausgangsbeschränkungen. Von 22 Uhr bis 5 Uhr darf niemand die Wohnung oder sein Grundstück verlassen. Es gibt aber zahlreiche Ausnahmen: für Notfälle etwa, aber auch berufliche Gründe, für Pflege und Betreuung oder Gassigehen mit dem Hund. Und: Joggen und Spaziergänge – aber nur alleine – sollen bis Mitternacht erlaubt bleiben. Zudem darf sich nur ein Haushalt mit einer weiteren Person treffen, zugehörige Kinder bis 14 Jahre zählen nicht mit. Dies gilt aber in Thüringen wegen der anhaltend hohen Inzidenzen sowieso schon laut der aktuellen Landesverordnung.
Für sie gilt ein eigener Grenzwert. Liegt die Sieben-Tage-Inzidenz drei Tage hintereinander über 165, wird ab dem übernächsten Tag der Präsenzunterricht verboten. Ausnahmen
für Abschlussklassen und Förderschulen sind möglich. Das ist eine starke Verschärfung für Thüringen: Bisher galt hier der Wert 200 – und dies auch nur als Empfehlung an Landkreise und kreisfreie Städte. Aktuell könnten nur noch die Landkreise Hildburghausen, Unstrut-Hainich und Nordhausen sowie die Städte Jena und Weimar Präsenzunterricht erlauben. Aber auch sie müssten Wechselunterricht anbieten: Dies wäre dann ab einer Inzidenz von 100 vorgeschrieben.
Ab Überschreiten der Stufe 100 wird es zu Wechselunterricht in allen Jahrgangsstufen kommen. Für Thüringen neu: auch an Grundschulen. Damit kommt sowohl auf
Familien als auch auf die Grundschulen eine neue große Herausforderung zu. Eine Notbetreuung soll angeboten werden. Da im Bundesgesetz aber neue Regelungen zum Homeoffice enthalten sind, könnte das dem Bildungsministerium zufolge Auswirkungen auf die Berechtigung zur Notbetreuung haben.
Teilweise. Viele Einschränkungen – etwa der weitgehend geschlossene Einzelhandel – gelten in Thüringen aufgrund der kritischen Pandemielage sowieso schon. Nur an den Stellen, die der Bund schärfer regelt, wird die Verordnung ausgehebelt. So müssen Besucher der Außenanlagen von Zoos – oder der
Bundesgartenschau – einen negativen Corona-Test vorweisen. Das gilt auch für den Friseurbesuch und die Fußpflege. Kosmetikbetriebe und andere „körpernahe Dienstleister“sind wieder zu schließen, sofern es sich nicht um eine medizinisch oder pflegerisch notwendige Dienstleistung handelt.
Zumindest für eine Übergangszeit wird die alte, teilweise überholte Verordnung parallel zum neuen Bundesgesetz gelten. Der neue Verordnungsentwurf muss mit Landtag und Kommunen abgestimmt werden und kann laut Sozialministerium wahrscheinlich erst in der ersten Maiwoche in Kraft treten.