Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Weimarer Forscher machen Aerosole sichtbar
Bauhaus-Uni untersucht Verbreitung von infektiöser Atemluft auf Intensivstationen
So schnell zeigt sich, was Forschung wert sein kann: Gerade erhielten Wissenschaftler des Bereiches Bauphysik der Bauhaus-Universität den Thüringer Forschungspreis für ein Verfahren, bei dem sie mittels Schlierenspiegels die Verteilung von Raumluftströmen sichtbar machen. Ihre Technik hilft Medizinern nun beim Nachweis, wie sich infektiöse Atemluft von beatmeten Covid-Patienten auf Intensivstationen verbreitet. Ziel des Projektes mit dem Kloster Grafschaft-Fachkrankenhauses in Schmallenberg (Nordrhein-Westfalen) ist es, das Infektionsrisiko in Kliniken und Pflegeheimen einzudämmen, sagte der Studienleiter Conrad Völker.
Fragen, die geklärt werden sollen: Was passiert, wenn die Atmung von Patienten unterstützt werden muss? Wie weit strömt infektiöse Atemluft in den Raum? Was müssen Mediziner und Pflegekräfte beachten? Im Fokus stehen dabei die Beatmung mit Mund-Nasen-Maske oder einer Nasenbrille (nasale
High-Flow-Therapie). Dabei komme es zu hohen Luftströmen vor dem Gesicht.
Mit ihrem weltweit einzigartigen, einen Meter großen Schlierenspiegels aus feinst geschliffenem AstroSitall machen die Weimarer Forscher quasi Aerosole sichtbar. Der Proband atmet parallel zum Spiegel, der das Licht einer LED-Quelle durch den Atem reflektiert. Die Reichweite infektiöser Atemluft nehme mit steigendem Beatmungsdruck zu, bis zu vier Meter werde sie in den Raum gepustet.
Dass die Tests mehr als technische Spielerei war, zeigt jetzt die Annahme der Publikation durch das Fachjournal Critical Care Medicine. In einer süddeutschen Fachklinik stießen die Erkenntnisse aus dem Weimarer Labor bereits auf Widerhall. „Ungewiss war bislang, wie weit sich Atemluft im Patientenzimmer ausbreitet und das Personal gefährdet“, sagte Dominic Dellweg, Chefarzt der Pneumologie. Wegen des erhöhten Ansteckungsrisikos sollte der Sicherheitsabstand angepasst werden.