Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Schwieriger Partner Putin
Es gibt historische Daten, die unter die Haut gehen. Der 80. Jahrestag des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 gehört dazu. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat dazu am Freitag eine bemerkenswerte Rede gehalten. Sie war ein flammendes Plädoyer für ein „gemeinsames Erinnern“an die „mörderische Barbarei“der Nazis. Steinmeier wandte sich gegen separate Gedenkkulturen, die vor allem das eigene Leid während des Zweiten Weltkriegs herausstellen und damit den Boden für Entfremdung bilden.
Ja, es stimmt: Die 27 Millionen Toten, die die Völker der damaligen Sowjetunion in Russland, in Belarus oder in der Ukraine zu beklagen hatten, wurden in Deutschland oft ausgeblendet. Steinmeier legte in seiner klugen Ansprache dar, dass Empathie – die Einbeziehung der Gegenseite – der erste Schritt für Brückenbau und Annäherung ist.
Dennoch ist der Umgang mit der Vergangenheit nur ein Puzzleteil in den deutsch-russischen Beziehungen. Diese sind derzeit abgekühlt wie lange nicht. Der Kurs der innenund außenpolitischen Verhärtung von Kremlchef Wladimir Putin hat gewichtigen Anteil daran.
Gleichwohl sind Schwarz-WeißLösungen fehl am Platz. Nach der Entspannungsinitiative von Willy Brandt war für alle deutschen Kanzler klar: Ohne eine Einbindung Russlands kann es bei bedeutenden Fragen keine Kompromisse geben. Angela Merkel hat die Doppelstrategie gegenüber Moskau zur politischen Kunstform erhoben. Sie redet einerseits Klartext mit Putin, grenzt sich offen ab – egal, ob im Fall Nawalny, bei der Krim-Annexion oder beim Thema Ostukraine. Andererseits hat sie nie die direkten Kommunikationskanäle dichtgemacht.