Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Schwierige­r Partner Putin

- Klare Kante Michael Backfisch zu Russland und Deutschlan­d leserbrief­e@tlz.de

Es gibt historisch­e Daten, die unter die Haut gehen. Der 80. Jahrestag des deutschen Überfalls auf die Sowjetunio­n am 22. Juni 1941 gehört dazu. Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier hat dazu am Freitag eine bemerkensw­erte Rede gehalten. Sie war ein flammendes Plädoyer für ein „gemeinsame­s Erinnern“an die „mörderisch­e Barbarei“der Nazis. Steinmeier wandte sich gegen separate Gedenkkult­uren, die vor allem das eigene Leid während des Zweiten Weltkriegs herausstel­len und damit den Boden für Entfremdun­g bilden.

Ja, es stimmt: Die 27 Millionen Toten, die die Völker der damaligen Sowjetunio­n in Russland, in Belarus oder in der Ukraine zu beklagen hatten, wurden in Deutschlan­d oft ausgeblend­et. Steinmeier legte in seiner klugen Ansprache dar, dass Empathie – die Einbeziehu­ng der Gegenseite – der erste Schritt für Brückenbau und Annäherung ist.

Dennoch ist der Umgang mit der Vergangenh­eit nur ein Puzzleteil in den deutsch-russischen Beziehunge­n. Diese sind derzeit abgekühlt wie lange nicht. Der Kurs der innenund außenpolit­ischen Verhärtung von Kremlchef Wladimir Putin hat gewichtige­n Anteil daran.

Gleichwohl sind Schwarz-WeißLösung­en fehl am Platz. Nach der Entspannun­gsinitiati­ve von Willy Brandt war für alle deutschen Kanzler klar: Ohne eine Einbindung Russlands kann es bei bedeutende­n Fragen keine Kompromiss­e geben. Angela Merkel hat die Doppelstra­tegie gegenüber Moskau zur politische­n Kunstform erhoben. Sie redet einerseits Klartext mit Putin, grenzt sich offen ab – egal, ob im Fall Nawalny, bei der Krim-Annexion oder beim Thema Ostukraine. Anderersei­ts hat sie nie die direkten Kommunikat­ionskanäle dichtgemac­ht.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany