Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Gegen die Erhöhung des Rentenalters
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat sich gegen die Rente mit 68 Jahren ausgesprochen. „Das ist der falsche Weg und mit mir wird es das auch nicht geben“, erklärte der SPD-Politiker in einem Interview. Eine starre allgemeine Erhöhung des Rentenalters sei lebensfremd: „Das Wichtigste ist, dafür zu sorgen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in ihrem Erwerbsleben gesund bleiben und durch Weiterbildung auch nicht den Anschluss verlieren.“
Und, haben sie gerade auch ein wenig erhöhte Temperatur bis hin zu leichten Fieberschüben?
Die Gründe können in der jetzigen Zeit vielfältig sein. Von einer vorübergehenden Impfreaktion bis hin zur EM-Unverträglichkeit kommt einiges infrage. Wobei es bei der Fußball-Europameisterschaft wiederum daran liegen kann, dass sie entweder der Deutschen liebsten Sport generell oder die Spielweise von Jogis Elf im Speziellen nicht leiden können.
So oder so kann dabei das Blut in Wallung kommen: Weil die Nachbarn in der Wohnung nebenan feiern, als lebten sie auf einer Ranch im Nirgendwo. Oder weil die Nationalmannschaft den alten Herberger-Spruch „Das Runde muss ins Eckige“eigentortechnisch leider falsch interpretiert hat.
Am heutigen Samstag könnte dieses Trauma aber bereits Geschichte sein. Mit einem Sieg gegen Portugal. Natürlich ist auch der finale Kollaps möglich.
Die Hoffnung stirbt zuletzt. Was das angeht, weisen sportund politikbegeisterte Thüringer ausnahmsweise Gemeinsamkeiten auf. Allerdings müssen sich die Freunde des landesparlamentarischen Schlagabtauschs noch etwas länger gedulden.
Voraussichtlich am Mittwoch wollen die Fraktionen von Linke, SPD und Grünen endlich offiziell sagen, dass sie einen Antrag auf Neuwahl einreichen werden. Davon gehen wir zumindest aus.
Dieses fraktionelle Zeitspiel schieben die Minderheitskoalitionäre auf die CDU. Die hat mit dem Regierungstrio einen Pakt geschlossen, im September gemeinsam mit der Bundestagswahl die
Thüringer an die Urnen zu rufen. Entscheidender Schönheitsfehler: Ein kleiner, aber nicht unerheblicher Teil der hiesigen christdemokratischen Volksvertreter fühlt sich nicht mehr an die Zusage von einst gebunden.
Das ist vor allem für Unionsfraktionschef Mario Voigt nicht schön, dem eine Stimme in den eigenen Reihen fehlt, um R2G zur Zweidrittelmehrheit zu verhelfen. Der Ostthüringer Professor hat jedoch glücklicherweise die Noch-FDPAbgeordnete Ute Bergner als Ersatzstimme gewinnen können. Dumm nur, dass die Unternehmerin zwar nicht oft um die Ecke, aber dafür gerne quer denkt. Denn das stößt bei Rot-Rot-Grün auf wenig Gegenliebe.
Sie merken, das Ganze ist unübersichtlich. Möglicherweise kann die EM doch eine Alternative und das kleinere Übel sein. „Das Spiel dauert 90 Minuten“und „Der Ball ist rund“versteht jeder. Was Versprechen bedeuten und wie man eine Landesverfassung richtig liest, offenbar nicht.
Um die Verwirrung komplett zu machen: Ausgerechnet Thomas Kemmerich könnte für klare Verhältnisse sorgen. Der LiberalenChef hat durch seine Kurzzeitministerpräsidentschaft mit AfDStimmen, na sagen wir, einen klitzekleinen Anteil an der aktuellen Lage. Sollte er seine freidemokratischen Fraktionäre dazu bewegen, auch für Neuwahlen zu stimmen, wäre indes alles in Butter.
Ansonsten haben wir eben weiter Schweiß auf der Stirn, gucken Fußball und denken an die alte Kicker-Weisheit von Kulttrainer Otto Rehhagel: „Mal verliert man und mal gewinnen die anderen.“