Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Eine Linde ohne Rinde
Zu früh gefreut hat sich der Schöndorfer Andreas Grünwald am Ende eines seiner regelmäßigen Subbotniks auf der Schanze zwischen Schöndorf und Großobringen. Eben noch nahm er erfreut zur Kenntnis, dass weniger umweltbewusste Besucher an der uralten Wallanlage nicht so viel Müll hinterlassen hatten, als er sonst dort findet.
Zu früh gefreut deswegen, weil Unbekannte statt eine junge Linde, die in der Mitte steht, tödlich verletzt haben. Welcher Teufel sie geritten hat, die Rinde rundherum abzuschälen und massiv auf den Stamm einzuhacken, wissen die Baumfrevler wohl nur selber. Andreas Grünwald spricht fassungslos von einer „völlig sinn- und gewissenlosen Untat“. Und sie reiht sich in andere Baumvorfälle um Schöndorf ein – gleichwohl die Schanze zu Großobringen gehört.
Die neuzeitliche Festungsanlage wurde in Form eines fünfzackigen Sterns um die Jahreswende 1617/18 unter Herzog Wilhelm IV. gebaut, wissen die Experten vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie. Durch den weiten Blick in das Thüringer Becken sollte Weimar im Krieg vor Überraschungen geschützt werden. Das in viel späterer Zeit eine Linde Opfer von Baum-Kriegern werden sollte, hätte er sich sicherlich nicht in seinen kühnsten Alpträumen vorstellen können.