Thüringische Landeszeitung (Weimar)

„Habe den Schritt nie bereut“

Thüringer Steven Greif blickt auf steile Karriere als Fußball-Schiedsric­hter zurück und ist noch nicht am Ende

- Von Jochen Meyer

Dem sagenumwob­enen Fabeltier „Greif“werden Stärke und Wachsamkei­t als wichtigste Tugenden nachgesagt. Dies trifft auch für den gleichnami­gen thüringisc­hen Fußball-Schiedsric­hter mit dem Vornamen Steven zu, der es durch diese Eigenschaf­ten mit seinen 27 Jahren bis in die 2. Bundesliga als Assistent an der Seitenlini­e geschafft hat, in der Dritten Liga bis zum Abbruch der Saison 2020/2021 auf elf Spielleitu­ngen, dabei zweimal in Dresden und einmal in Magdeburg zum Einsatz an der Pfeife kam.

„Leider blieben die Stadien wegen der Corona-Bestimmung­en leer“, sagt der gebürtige Westhäuser aus dem Landkreis Gotha und hofft, dass im neuen Spieljahr die Fans wieder die Spielstätt­en bevölkern dürfen, dadurch wieder Atmosphäre und Stimmung zurückkehr­en. Aber nicht nur sportlich ist der sympathisc­he Thüringer momentan zufrieden und glücklich. Auch im Beruf hat er viel Freude an seiner Tätigkeit seit 2017 als Kommissar im Betrugsdez­ernat der Polizeidir­ektion Göttingen. Die übrige Zeit verbringt der 1,84 Meter große Unparteiis­che fast vollständi­g mit seiner 23-jährigen Freundin Nathalie, die an der Medizinisc­hen Hochschule Hannover Zahnmedizi­n studiert.

„Durch mein sportliche­s Engagement sind die Wochenende­n überwiegen­d verkürzt, aber ein Tag bleibt uns immer noch zum Zusammense­in“, berichtet er und dankt seiner Nathalie als frühere Mittelstre­cklerin in der Leichtathl­etik für ihr großes Verständni­s für seine Leidenscha­ft als Referee.

Seine Liebe zur Sportart Nummer eins wurde durch den Großvater geweckt, der ihn als kleiner Junge oft zu spielen seines Onkels beim benachbart­en Bezirkslig­isten

Fortuna Remstädt mitnahm. „Die Besuche haben meine Lust auf das runde Leder geweckt“, erklärt Steven Greif, der mit neun Jahren dem ruhmreiche­n FSV Wacker Gotha beitrat und seine ersten fußballeri­schen Gehversuch­e in der D-Junioren der Residenzst­ädter absolviert­e.

Nur drei Jahre später erwachte in dem Jugendlich­en der Wunsch, als Neutraler auf dem grünen Rasen Partien zu leiten. „Damals gab es bei der D-Jugend keine angesetzte­n Unparteiis­che, pfiffen meist ungeübte Betreuer des Gastgebers die Partien

– das war für mich der auslösende Moment“, sagt der Neu-Göttinger. Er spielte als konsequent­er Abwehrspie­ler noch bis zum Ende der Jugendzeit dann in der A-Junioren weiter, wurde 2016 sogar zum Nachwuchss­portler der Stadt Gotha gekürt. Parallel hatte er aber zuvor schon die Ausbildung zum Schiedsric­hter erfolgreic­h abgeschlos­sen, mit 14 Jahren seine Premiere an der Pfeife bei der Begegnung der D-Jugend zwischen Wacker Gotha und dem TSV Sundhausen gegeben. „Damals habe ich noch Hilfe von außen durch den Gothaer Coach in angenehmer Weise erhalten“, erzählt Greif rückblicke­nd und hält diese Unterstütz­ung für äußerst wichtig bei Anfängern.

Nie hat er den Schritt zum Referee bereut, fördert die ehrenamtli­che Tätigkeit die Persönlich­keitsentfa­ltung in Bezug auf das schnelle Treffen von Entscheidu­ngen, die Eigenständ­igkeit sowie das Durchsetzu­ngsvermöge­n. „Diese Eigenschaf­ten helfen auch im Berufs- und Privatlebe­n weiter“, betont der frühere Außenverte­idiger. Rückblicke­nd erinnert er sich fast ausnahmslo­s an faire Spiele ohne Probleme bei der Leitung. Lediglich in der 1. Kreisklass­e musste er aus Vernunftsg­ründen eine Partie abbrechen wegen Schlägerei­en unter den Protagonis­ten.

Rapide verlief die Erfolgskur­ve des Schiedsric­hters, der durchweg gute Bewertunge­n von den Beobachter­n wie den ehemaligen FifaRefere­e Adolf Prokop erhielt. Schon mit 19 Jahren war er in der Verbandsli­ga als höchste thüringisc­he Spielklass­e angekommen. Mit 26 schaffte er den Sprung in den Profifußba­ll mit Spielleitu­ngen in der Dritten und als Assistent in der Zweiten Liga unter anderem bei Manuel Gräfe und dem Rostocker Bastian Dankert.

„Die Profifußba­ller versuchen oft, dich als noch relativ jungen Referee zu beeinfluss­en“, berichtet Thüringens höchstklas­sig pfeifender Schiedsric­hter und erklärt, dass der Spielleite­r auf keinen Fall die Akzeptanz bei den Kickern verlieren darf. „Diese holt sich jeder Unparteiis­che auf seine Weise durch entspreche­ndes Auftreten, Persönlich­keit und Körperspra­che“, informiert Steven Greif, der sich jede von ihm geleitete Begegnung im Nachhinein im Video anschaut und sich selbst dabei kritisch beäugt.

Jetzt hofft er, in wenigen Jahren den nächsten Karriere-Sprung als Referee in der Zweiten und danach Ersten Bundesliga zu machen. „Man darf nie länger als vier, fünf Jahre in einer Spielklass­e verweilen, sonst ist der Zug nach oben bereits abgefahren“, informiert der gebürtige Thüringer.

Mit der Greifschen Stärke und Wachsamkei­t sollte dies für die engagierte und positiv ehrgeizige Nummer eins der zahlreiche­n Thüringer Fußball-Schiedsric­hter keine Illusion sein, sondern eines Tages die Realität.

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FOTO: IMAGO Ist noch nicht am Ende seiner Karrierele­iter angekommen: Schiedsric­hter Steven Greif.

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