Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Politologe: SPD ist im Osten keine Volkspartei
Hans Vorländer sieht die Neugründung der Sozialdemokraten in der Wende als eine Ursache
Der Politologe Hans Vorländer rechnet der SPD im Osten mit Blick auf anstehende Wahlen kaum Chancen aus, sich als Volkspartei zu etablieren. „Im Westen ist es der Niedergang einer Volkspartei, im Osten war sie das nie.“Auch als Arbeiterpartei sei sie dort im Gegensatz zum Westen nicht verwurzelt. Das habe mit der Neugründung im Wendejahr 1989/ 1990 zu tun. Seither, so Vorländer, habe die SPD gerade in Sachsen und Thüringen meist im Schatten einer übermächtigen CDU gestanden.
In Sachsen-Anhalt, Brandenburg und nun auch in Mecklenburg-Vorpommern hingegen gab oder gebe es starke Führungspersönlichkeiten, die der SPD den entsprechenden Aufwind geben. Vorländer verwies etwa auf Dietmar Woidke, Manfred Stolpe, Reinhard Höppner und Manuela Schwesig. Der Erfolg der SPD hänge „sehr stark vom Personal und von der Konkurrenzsituation zu den anderen Parteien ab“, so Vorländer, der Direktor des Zentrums für Verfassungs- und Demokratieforschung an der TU Dresden ist.
Bei der letzten Landtagswahl in Sachsen kamen die Sozialdemokraten auf gerade einmal 7,7 Prozent der Stimmen, in Sachsen-Anhalt jüngst auf 8,4 Prozent. Thüringens SPD, die zusammen mit einer starken Linken und den Grünen eine Minderheitsregierung bildet, geht mit Innenminister Georg Maier als Frontmann in die am 26. September zusammen mit der Bundestagswahl geplante vorgezogene Landtagswahl. Maier soll für die Sozialdemokraten verlorenes Terrain in Thüringen – einem der Stammländer der Sozialdemokratie – zurückgewinnen. Umfragen sehen die SPD derzeit zwischen sieben und zehn Prozent.
In Sachsen etwa sieht Vorländer in dem für Herbst angekündigten Rückzug Martin Duligs von der SPD-Parteispitze die Chance auf einen Neuanfang. „Er hat zuletzt keine neuen Stimmen mehr für die SPD gezogen“, sagte er. Wie es nun für die Sozialdemokraten in Sachsen weitergehe, hänge davon ab, wie sich die Partei an der Spitze personell aufstelle. Sicher sei aber: „Die Konzentration auf Dulig allein hat sich nicht bezahlt gemacht.“
Für Martin Dulig hingegen ist klar, dass die SPD gebraucht wird – gerade im Osten. Arbeit und Gerechtigkeit seien die Kernmarke der Sozialdemokraten, betont der Diplom-Pädagoge. Gerade durch die Veränderungen der Mobilität und den Umbau der Industrie sei eine Partei wie die SPD wichtig, die sich darum kümmere, dass die Veränderungen gerecht zugingen. „Die Aufgabe der SPD ist wichtiger denn je, auch wenn die Lage nicht einfach ist“, betonte Dulig.