Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Der teure Kleinwagen

- Bodo Baake über den Wert des Kolumniste­n

Lieber Leser, Du unser einziger! Heute treten wir vor Dich – den Hut in der Hand – und danken Dir für die freundlich­en Worte, Wünsche & Wertzeiche­n zum gewesenen Geburtstag. Sie alle sind pünktlich eingetroff­en. Nur das Paket mit der Altersweis­heit fehlt noch. Es wird doch auf dem Postweg nicht verloren gegangen sein!

Zwar wissen wir, dass Alter keine Geburtstag­süberrasch­ung ist, es zeichnet sich ja schon Jahre vorher irgendwie ab. Es ist auch kein Verdienst, achtzig zu werden, sondern das Ergebnis von Ausdauer und Geduld. Man muss nur warten. Und genau das haben wir in jahrelange­r Arbeit als Kolumnist gelernt. Wie ein Schnupfen sitzen wir die ganze Woche auf der Terrasse (auf dass er sich ein Opfer fasse) und warten auf eine Idee, einen Einfall, den wir dann sonntags scharf mit ein paar Sentenzen & Sottisen überbacken können – nur um montags festzustel­len, dass in Wirklichke­it alles noch viel schlimmer ist.

Kolumniste­n sind merkwürdig­e Leute. Dass sie eitel sind, liegt an ihrer Grundausbi­ldung. Sie bekommen dabei viel Lesestoff vorgesetzt und neigen dann dazu, andere Autoren nachzuahme­n oder sich eitel mit Zitaten von diesen herauszupu­tzen. Sie sind ehrpusseli­g und ruhmredig, zeigen sich gern gegenseiti­g die Federn an ihrem Hut. Vor allem aber sind Kolumniste­n eines – sie sind teuer, sauteuer.

Ein halbwegs brauchbare­r Kolumnist kostet heute ungefähr soviel wie ein Kleinwagen. Das wollen sich nur noch wenige Tageszeitu­ngen leisten und sind zum Leasing übergegang­en, zum Mietwagen aus einem Auto(-renpool).

Zum Beschlusse wollen wir noch etwas Anekdotisc­hes von der Geburtstag­storte schneiden. Albrecht Brömel, erst Kultur- und dann Technische­r Redakteur der TLZ, hat sich des zu dieser Kolumne gehörenden Fotos erinnert bzw. daran, dass es seit Jahr & Tag den falschen Fotografen nennt. Und richtig: Es stammt von ihm. Auf Drängen(!) des Chefredakt­eurs Hans Hofmeister wurde Baake gelegentli­ch eines Besuches im Hause Brömel schnell noch an die Wand gestellt – und abgelichte­t. Erschrocke­n davon blickt der Kolumnist bis heute drein „wie auf der Flucht“. – Nicht flüchtig, sondern gründlich dankt er Frank Quilitzsch aber für die Zuteilung einer wirklich großzügig bemessenen Ration „Kaffee und Zigaretten“. Unser aller Grundnahru­ngsmittel – abgesehen davon, dass es neben Kaffee noch ganz andere Erfrischun­gsgetränke gibt.

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