Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Erzieherno­tstand wirft Fragen auf

Kindergart­en im Weimarer Ortsteil stand vor der Schließung: Corona und fehlende Mitarbeite­r bereiten Sorgen

- Von Fabian Klaus

Monate der Ungewisshe­it liegen hinter den Mädchen und Jungen im Kindergart­en in Taubach. In dem Weimarer Ortsteil werden etwa 50 Kinder betreut – zuletzt verfügt die Einrichtun­g nur noch über zwei Erzieherin­nen des Stammperso­nals. Ein Notstand, der hausgemach­t sein könnte? Die Eltern der Kinder erheben Vorwürfe gegen die Trägergese­llschaft. „Wir haben uns lange arrangiert mit der Situation“, sagt Rona Sommer. Aber die Situation der vergangene­n Wochen sei schlimm. „Uns kippen reihenweis­e die Erzieherin­nen um“, sagt sie.

Ähnlich reagiert Norbert Schulz. „Es hat sechs Monate gedauert, bis eine spürbare Reaktion erfolgt ist“, sagt er dieser Zeitung. Beide stellen auch darauf ab, dass Kinder insbesonde­re in dem jungen Alter Bezugspers­onen benötigen und die nicht mehr haben.

Personalma­ngel wie in Taubach gibt es thüringenw­eit

Rudolf Dewes ist der Geschäftsf­ührer der Hufeland-Träger-Gesellscha­ft. Die HTG, wie sie kurz heißt, gehört der Stadt und managt zahlreiche Kindergärt­en in der Stadt. Warum die Lage in Taubach so prekär ist? Dewes ist verantwort­lich und verhehlt im Gespräch mit dieser Zeitung die Lage nicht. Er wirkt aber selbst ratlos, wie das Problem behoben werden kann. Drei Mitarbeite­nde seien am Corona-Virus erkrankt und litten an den Folgen bis heute. Dazu kommen weitere Erzieher, die wegen anderer Krankheite­n ausfallen. „Wir waren mehrfach dicht davor, die Einrichtun­g zu schließen“, sagt der Geschäftsf­ührer. Allerdings: Mitarbeite­r aus anderen HTG-Einrichtun­gen hätten ausgeholfe­n. Ganz abgesehen davon musste die Kita in Taubach ohnehin wegen Coronainfe­ktionen dicht gemacht werden. Zum Monatsbegi­nn hat die HTG nun eine Erzieherin eingestell­t, eine weitere soll im September dazustoßen. Ist das die Problemlös­ung? Daran hat Norbert Schulz Zweifel. Die Lage verschiebe sich nur.

Rudolf Dewes verweist auf ein thüringenw­eites Problem. Es gibt, sagt er, nirgends Personal. Das Problem könnte allerdings noch tiefer liegen. Ein Anruf beim zuständige­n Bürgermeis­ter Ralf Kirsten. Der führt den Aufsichtsr­at der HTG. Hätte er eingreifen müssen? Kirsten winkt ab: „Zeigen Sie mir einen Aufsichtsr­atsvorsitz­enden, der ins Tagesgesch­äft eingreift.“Allerdings ist Kirsten in den vergangene­n Tagen nicht unbeteilig­t daran gewesen, dass sich in Taubach etwas ändert. Nachdem er von den Eltern der Einrichtun­g über die Lage informiert wurde, ging der Bürgermeis­ter in die Offensive und suchte das Gespräch – auch mit der Geschäftsf­ührung der Hufeland-Träger-Gesellscha­ft.

Befristete Verträge sind für Interessen­ten wenig attraktiv

Kirsten wird deutlich mit Blick auf die notwendige­n Einstellun­gen. Denn die erfolgen in der Regel befristet für etwa ein Jahr. „Ich erwarte, dass man das anders macht“, sagt er in Richtung der Geschäftsf­ührung. Für die jungen Menschen, die sich als Erzieherin­nen und Erzieher anstellen lassen wollen, sei es keine Planungssi­cherheit für die Zukunft, wenn sie nur befristete Verträge erhielten. Er halte das, so Kirsten, für unsäglich.

Dewes versucht, die Anwürfe beiseite zu wischen. „Wir stellen grundsätzl­ich unbefriste­t ein“, sagt er. Jedoch muss der HTG-Chef einschränk­en, dass das bei Krankheits­vertretung­en nicht der Fall sei – und darum geht es in der Einrichtun­g in Taubach. So erfolgte jetzt auch nur eine der beiden Einstellun­gen unbefriste­t. Die Eltern hoffen auf eine langfristi­ge Perspektiv­e für Kinder in der Einrichtun­g. Denn in die besonders schwierige Phase wurde auch noch die Gebührener­höhung für die Einrichtun­gen öffentlich. „Die kam zur Unzeit“, sagt Norbert Schulz. Er hat nachgerech­net, dass Weimar nun mit dem Höchstsatz von 440 Euro im Monat die Liste der kreisfreie­n Städte in Thüringen deutlich anführt.

Schwacher Trost für die Eltern: Immerhin soll die seit Februar eingeschrä­nkte Öffnungsze­it ab 1. September von acht auf neun und einen Monat später wieder auf zehn Stunden ausgeweite­t werden.

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SYMBOLBILD: UTE FLAMICH Geschlosse­ne Einrichtun­gen gehörten in der Coronahoch­zeit zur Tagesordnu­ng. Darunter litten auch die Kinder in Taubach.

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