Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Erziehernotstand wirft Fragen auf
Kindergarten im Weimarer Ortsteil stand vor der Schließung: Corona und fehlende Mitarbeiter bereiten Sorgen
Monate der Ungewissheit liegen hinter den Mädchen und Jungen im Kindergarten in Taubach. In dem Weimarer Ortsteil werden etwa 50 Kinder betreut – zuletzt verfügt die Einrichtung nur noch über zwei Erzieherinnen des Stammpersonals. Ein Notstand, der hausgemacht sein könnte? Die Eltern der Kinder erheben Vorwürfe gegen die Trägergesellschaft. „Wir haben uns lange arrangiert mit der Situation“, sagt Rona Sommer. Aber die Situation der vergangenen Wochen sei schlimm. „Uns kippen reihenweise die Erzieherinnen um“, sagt sie.
Ähnlich reagiert Norbert Schulz. „Es hat sechs Monate gedauert, bis eine spürbare Reaktion erfolgt ist“, sagt er dieser Zeitung. Beide stellen auch darauf ab, dass Kinder insbesondere in dem jungen Alter Bezugspersonen benötigen und die nicht mehr haben.
Personalmangel wie in Taubach gibt es thüringenweit
Rudolf Dewes ist der Geschäftsführer der Hufeland-Träger-Gesellschaft. Die HTG, wie sie kurz heißt, gehört der Stadt und managt zahlreiche Kindergärten in der Stadt. Warum die Lage in Taubach so prekär ist? Dewes ist verantwortlich und verhehlt im Gespräch mit dieser Zeitung die Lage nicht. Er wirkt aber selbst ratlos, wie das Problem behoben werden kann. Drei Mitarbeitende seien am Corona-Virus erkrankt und litten an den Folgen bis heute. Dazu kommen weitere Erzieher, die wegen anderer Krankheiten ausfallen. „Wir waren mehrfach dicht davor, die Einrichtung zu schließen“, sagt der Geschäftsführer. Allerdings: Mitarbeiter aus anderen HTG-Einrichtungen hätten ausgeholfen. Ganz abgesehen davon musste die Kita in Taubach ohnehin wegen Coronainfektionen dicht gemacht werden. Zum Monatsbeginn hat die HTG nun eine Erzieherin eingestellt, eine weitere soll im September dazustoßen. Ist das die Problemlösung? Daran hat Norbert Schulz Zweifel. Die Lage verschiebe sich nur.
Rudolf Dewes verweist auf ein thüringenweites Problem. Es gibt, sagt er, nirgends Personal. Das Problem könnte allerdings noch tiefer liegen. Ein Anruf beim zuständigen Bürgermeister Ralf Kirsten. Der führt den Aufsichtsrat der HTG. Hätte er eingreifen müssen? Kirsten winkt ab: „Zeigen Sie mir einen Aufsichtsratsvorsitzenden, der ins Tagesgeschäft eingreift.“Allerdings ist Kirsten in den vergangenen Tagen nicht unbeteiligt daran gewesen, dass sich in Taubach etwas ändert. Nachdem er von den Eltern der Einrichtung über die Lage informiert wurde, ging der Bürgermeister in die Offensive und suchte das Gespräch – auch mit der Geschäftsführung der Hufeland-Träger-Gesellschaft.
Befristete Verträge sind für Interessenten wenig attraktiv
Kirsten wird deutlich mit Blick auf die notwendigen Einstellungen. Denn die erfolgen in der Regel befristet für etwa ein Jahr. „Ich erwarte, dass man das anders macht“, sagt er in Richtung der Geschäftsführung. Für die jungen Menschen, die sich als Erzieherinnen und Erzieher anstellen lassen wollen, sei es keine Planungssicherheit für die Zukunft, wenn sie nur befristete Verträge erhielten. Er halte das, so Kirsten, für unsäglich.
Dewes versucht, die Anwürfe beiseite zu wischen. „Wir stellen grundsätzlich unbefristet ein“, sagt er. Jedoch muss der HTG-Chef einschränken, dass das bei Krankheitsvertretungen nicht der Fall sei – und darum geht es in der Einrichtung in Taubach. So erfolgte jetzt auch nur eine der beiden Einstellungen unbefristet. Die Eltern hoffen auf eine langfristige Perspektive für Kinder in der Einrichtung. Denn in die besonders schwierige Phase wurde auch noch die Gebührenerhöhung für die Einrichtungen öffentlich. „Die kam zur Unzeit“, sagt Norbert Schulz. Er hat nachgerechnet, dass Weimar nun mit dem Höchstsatz von 440 Euro im Monat die Liste der kreisfreien Städte in Thüringen deutlich anführt.
Schwacher Trost für die Eltern: Immerhin soll die seit Februar eingeschränkte Öffnungszeit ab 1. September von acht auf neun und einen Monat später wieder auf zehn Stunden ausgeweitet werden.