Thüringische Landeszeitung (Weimar)
„Wir fühlen uns stets gut informiert“
Karin Bastian ist der Zeitung bereits seit mehr als einem halben Jahrhundert treu verbunden
Als die Mauer fiel, war Karin Bastian 48 Jahre alt. Zum 20-Jährigen der friedlichen Revolution hatte die TLZ Leserinnen und Leser aufriefen, uns ihre Geschichte zum Mauerfall und zur ersten Fahrt in den Westen zu schreiben. Die Erfurterin ließ uns an ihren Gefühlen und Erlebnissen nach der Grenzöffnung teilhaben. Daran erinnert sie jetzt im Zusammenhang mit der Leseraktion 75 Jahre TLZ. Zugleich passt der Hinweis zu unserer neuen Serie „Begegnungen an der Grenze“, der sich anlässlich von 60 Jahre Mauerbau mit der deutsch-deutschen Teilung und der Überwindung dieses Einschnittes befasst.
Karin Bastian fühlte sich im Herbst 1989 von den sich überschlagenden Nachrichten überfordert. Sie habe zwar am 9. November in den DDR-Nachrichten gehört. was Günter Schabowski sagte, aber sie erfasste die Tragweite nicht und ging schlafen. Als sie am nächsten Morgen verstand, dass die Grenzen geöffnet würden, bedauerte sie, keine Westverwandtschaft zu haben. Am Samstag kam ihr Sohn und sagte: Ich fahre jetzt. Schließlich saßen sie zu fünft im Wartburg.
Karin Bastian wollte so gerne mal die Alpen sehen. So weit führte die erste Reise nicht. Abfahrt Eschwege. Dort bot sich eine Übernachtungsgelegenheit bei einer netten Frau und aus der Fremden wurde die Freundin Christel. Von Völkershausen bei Wanfried schauten sie sich die Grenzanlagen an. „Unvorstellbar, wie so etwas so viele Jahre möglich war“, gab Karin Bastian 2009 ihren Eindruck wieder. Die Alpen, den Rhein und viele andere schöne Gegenden Deutschlands haben die Bastians in den Jahren nach dem Mauerfall kennengelernt auf Reisen.
Über etwas Kurioses aus dem Garten von Karin Bastian gab es vor ein paar Jahren zu berichten: Da wuchsen Kürbisse im Pflaumenbaum. Natürlich handelte es sich dabei nicht um mutierte Pflaumen, sondern des Rätsels Lösung ergab sich aus den Kürbispflanzen des Nachbarn, die sich den Pflaumenbaum als Rankhilfe auserkoren hatten. Das Foto sorgte damals für manchen Lacher nach dem Motte: Was es nicht alles gibt …
Karin Bastian hat sich auch an unserer Weihnachtsserie beteiligt und erzählte vom ersten Heiligabend nach Kriegsende, als sie eine
Puppe erhielt, die ihre Eltern von amerikanischen Soldaten bekommen hatten im Tausch gegen Essbares. Diese Erinnerung verband sie mit der Beobachtung ihrer Enkelkinder bei der Begegnung mit dem Weihnachtsmann.
Karin Bastian schreibt: „Es ist nach wie vor eine Freude, diese Zeitung zu lesen und ich hoffe, die noch lange tun zu können. Ich hatte ja inzwischen meinen 80. Geburtstag“.
Jetzt suchen wir Erinnerungen an die deutsch-deutsche Teilung, da vor 60 Jahren die Mauer gebaut wurde. Ihren Brief senden Sie bitte an TLZ-Chefredaktion, Goetheplatz 9a, 99423 Weimar oder mailen an leserbriefe@tlz.de