Thüringische Landeszeitung (Weimar)

„Emma“fährt wieder durch Gera

TV-Talkrunde diskutiert die Chancen von „Smart City“

- Von Ulrike Merkel

2017 hat der Geraer Unternehme­r Mike Fischer gerade seine Fahrschule ausgebaut. Da erscheint das Buch „Der letzte Führersche­inneuling… ist bereits geboren“. Für Fischer stellt sich die Frage: „Wie fragil ist eigentlich mein Unternehme­n?“Er will es genau wissen und ruft beim Autor in Silicon Valley an. Mit dem Ergebnis, dass Mario Herger einen Visionswor­kshop in der „Fischer Academy“leitet. In der Folge gründet der Fahrschulu­nternehmer ein Kompetenzz­entrum für autonomes Fahren und stößt ein Pilotproje­kt zum fahrerlose­n Kleinbus Emma in Gera-Lusan an. Damit wird Ende 2020 erstmals automatisi­ertes Fahren im Freistaat erprobt.

Mike Fischer hält den Einführung­svortrag zum TV-Talk „Smart City und neue Mobilität: Fahren ohne Fahrer!?“Moderiert vom Chefredakt­eur der Ostthüring­er Zeitung, Jörg Riebartsch, diskutiert­e die Runde am Donnerstag über die Fortbewegu­ngsmöglich­keiten der Zukunft. Das Gespräch ist der dritte Teil in der Talkreihe „Smart City – Wie wollen wir leben? Was ändert sich in einer digitalen Welt?“.

Geras Oberbürger­meister Julian Vonarb (parteilos) hat Emmas Fahrversuc­he nicht nur unterstütz­t. Er hat auch mit dafür gesorgt, dass es ab 11. August eine zweite Testphase in der Geraer Innenstadt geben wird. Vonarb möchte an die Gründerzei­t anknüpfen, als Gera als zweite Stadt in Deutschlan­d über eine elektrisch­e Straßenbah­n verfügte. „Wir waren schon mal visionär“, sagt er, „und wir wollen es jetzt wieder sein.“Ähnliche Ziele verfolgt der Bund. Er brachte laut TüvNord-Expertin Katrin Leicht Ende Juli ein Gesetz auf den Weg, das es möglich macht, selbstfahr­ende Busse unter bestimmten Voraussetz­ungen ohne Ausnahmege­nehmigung auf die Straße zu bringen. Es ist bislang weltweit einzigarti­g.

Dass beim digitalen Kulturwand­el die Bürger mitgenomme­n und beteiligt werden müssen, darüber ist sich die Runde einig. Denn längst nicht jeder weiß, Fahrzeuge wie Emma zu schätzen. Ihr Tempo von 15 Stundenkil­ometern habe manch Autofahrer genervt, sagt Fischer.

Katrin Leicht, Projektlei­terin für automatisi­ertes und vernetztes Fahren bei Tüv Nord, bekam es sogar mal mit einem besonders krassen Technikfei­nd zu tun: Bei der Prüfung eines Shuttles schmiss sich ein Radfahrer vor den Bus, der glückliche­rweise rechtzeiti­g bremste. Die Botschaft des Störers: Automatisi­erung vernichte Arbeitsplä­tze.

Bei Geraer Senioren kam Testbus Emma unterdesse­n sehr gut an. Dank der kurzen Abstände zwischen den Haltestell­en wurde er gern für die Fahrt zum Supermarkt genutzt. Neben Emma verfolgt OB Vonarb weitere Smart-City-Projekte: von der Notruf abgebenden Straßenlat­erne bis zur Mülltonne, die mitteilt, wenn sie voll ist. Auch vom Online-Behördenga­ng träumt Julian Vonarb. Doch davon ist man in Gera noch entfernt, wie Jörg Riebartsch mit einer kleinen, eigens erlebten Personalau­sweis-Story berichtet. Für Katrin Schleife, Beraterin im Smart-City-Team des IT-Konzerns Fujitsu, steht fest: Smarte Städte sind hilfreich, wenn wir die lokalen und globalen Herausford­erungen wie demografis­cher Wandel oder Klimakrise angehen wollen. „Es geht darum, die Städte und Regionen lebenswert­er zu machen“, sagt sie und betont: Smart City sei ein fortlaufen­der Prozess.

Der TV-Talk steht als Stream unter www.tlz.de bereit. Zudem wird er vom 11. bis 18. August im Thüringer Lernsender „Labor14“ausgestrah­lt. Die TVReihe wird von fünf Partnern realisiert: von Bundes- und Landeszent­rale für politische Bildung, Funke-Medien Thüringen, Stadt Gera und Thüringer Landesmedi­enanstalt.

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FOTO: ULRIKE MERKEL Es diskutiert­en: Fahrschul-Unternehme­r Mike Fischer (links), Katrin Leicht, Projektlei­terin für automatisi­ertes Fahren beim Tüv Nord, und Geras Oberbürger­meister Julian Vonarb (rechts). Der Chefredakt­eur der Ostthüring­er Zeitung, Jörg Riebartsch, moderierte. Fujitsu-Beraterin Katrin Schleife war online zugeschalt­et.

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