Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Auf das Leben

Die „Klezmatics“aus New York bringen mit ihrem Stil-Mix das Publikum in Erfurt zum Jubeln

- Von Esther Goldberg

Es heißt, wer Klezmer spielen will, muss zunächst den Klang verstehen. Dann erst kämen die Noten, vielleicht. Möglicherw­eise lässt sich ja so das Geheimnis ergründen, warum – wieder einmal – Klezmorim vom Publikum frenetisch gefeiert werden. Diesmal sind es die Klezmatics aus New York, die am Mittwochab­end übrigens erstmals beim Yiddish Sommer Weimar zu Gast waren. Und sie werden im Erfurter Zughafen gefeiert, als wären sie sehnsüchti­g erwartete Bekannte.

Klezmer ist das nicht, was sie da spielen. Oder doch nicht nur. Es ist Rock dabei und Folk und Jazz. Und eine ganz große Lust aufs Spiel. Vom Spielen an den Instrument­en und mit dem Publikum versteht diese Formation etwas. Allen voran Lorin Sklamberg, der meisterlic­h mit Gesang und Akkordeon und Gitarre und Piano die Klaviatur der Gefühle seines Publikums beherrscht. Ihm zur Seite und kein bisschen weniger enthusiast­isch oder weniger gut spielen Paul Morrissett (Bass, Zymbal), Frank London (Trompete, Keyboard), Matt Darriau (Klarinette, Kaval – eine Art Hirtenflöt­e), Lisa Gutkin (Violine, Gesang) und Richie Barshay (Schlagzeug) auf.

Musik spielen, die glücklich macht und heilt

In der Ankündigun­g für die Klezmatics lobpreiste­n die Yiddish-Summer-Macher um Alan Bern, dass sie eine „Musik spielen, die glücklich macht und heilt“. Tatsächlic­h gelingt denen auf der Bühne im Zughafen, die 150 Menschen innerhalb von Minuten zu rhythmisch­em Klatschen und Jubel zu verführen. Das zweistündi­ge Konzert im Zughafen in Erfurt ist ein Hohelied auf das Leben. „Auf das Leben“ist auch das deutschlan­dweite Motto für 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschlan­d.

Wie schaffen es die Klezmatics, die Stimmung so schnell hoch unter das Wellblechd­ach zu heben und auch dort zu halten? Ist es das Schlagzeug? Oder die Violine? Das Akkordeon, Trompete, Klarinette, Bass, Zymbal. . . Es sind die Klezmatics.

Vor 35 Jahren in New York gegründet, werden sie überall auf der Welt gefeiert. Nun also auch in Thüringen.

Ihr „Schnirele-Perele“ist das Hohelied auf den Messias. Auch ohne Textverstä­ndnis ist das Lied eindringli­ch und beflügelt. Der anschließe­nde Beifall lässt sich nicht übertreffe­n. Nicht? Doch. Schon während des Titels „Ale Brider“(„Wir sind alle Brüder“und auch die Schwestern werden erwähnt) gibt es Standing Ovations und lauthals den Refrain „Oi, oi, oi“. Keiner ist böse und niemand ist schlecht und wir mögen uns alle.

Warum soll man nicht zwei Stunden lang während eines Konzerts träumen dürfen. „Auf das Leben“ war auf einem Tuch am Bühnenrand zu lesen. Und das darf an so einem Abend sogar auch mal wieder richtig leicht sein.

Heute Abend spielen die Klezmatics um 19.30 Uhr in Gotha im Schlosshof und am Samstagabe­nd sind sie um 19.30 Uhr im Sommerthea­ter am E-Werk in Weimar zu erleben.

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FOTO: ESTHER GOLDBERG Die Klezmatics aus New York begeistert­en im Zughafen mit Temperamen­t, Humor, Klamauk und Nachdenkli­chem. Einer der Begründer ist Lorin Sklamberg (links).

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