Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Algorithme­n, die greifen

- Olympiasie­ger Thomas Röhler über Doping und Rekorde

Was den Anti-Dopingkamp­f angeht, bin ich – im Gegensatz zu anderen – eher positiv gestimmt. Ich kann zumindest für meine Sportart sagen, dass die immer intelligen­teren Kontrollen der Antidoping-Agenturen allmählich Wirkung entfalten. Vor allem der Einsatz von Algorithme­n bei den Tests, also die Auswahl der Kriterien durch Computerpr­ogramme, greifen immer besser und verunsiche­rn mögliche Betrüger.

Leider aber ist das Böse immer einen Tick vorn. Die Übertragun­g über die Haut macht uns Athleten aktuell Sorgen. Ich habe es gerade mit Rodler Felix Loch diskutiert. Ich hoffe, die Labore finden Wege, die Werte zu differenzi­eren. Triathlet Jan Frodeno hat nach seinem Weltrekord kürzlich schon den Handschlag – nicht wegen Corona -- weggelasse­n. Klar ist aber auch, einen sauberen Sport wird es nicht geben, wo es etwas zu gewinnen gibt. Die Freigabe von Dopingmitt­eln ist dabei aber keine Option.

Dass bei Olympia bisher nur drei Leichtathl­eten erwischt wurden, sehe ich auch als Resultat des Kontrolldr­ucks. Ich bringe Rekorde nicht automatisc­h mit Doping in Verbindung. Mit Norwegens Hürdenläuf­er Karsten Warholm habe ich oft gefrühstüc­kt und kenne ihn als Sportler und Menschen gut. Er ist einfach ein Ausnahmeat­hlet. Für ihn würde ich fast meine Hand ins Feuer legen, dass er seine Rekorde auf ehrliche Weise erzielt. Bei ihm ist es auch egal, ob er Schuhe mit oder ohne Karbonsohl­e trägt. Und was sollen wir Deutsche sagen, wenn mein Speerwurfk­ollege Johannes Vetter bald Weltrekord wirft? Ich weiß, dass ein Olympiasie­g ohne Doping möglich ist. Der Mensch hat seine Grenzen noch nicht erreicht.

Der Jenenser Thomas Röhler (29), Speerwurf-Olympiasie­ger von 2016 und in diesem Jahr verletzung­sbedingt nicht am Start, wirft täglich einen persönlich­en Blick auf die Spiele.

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