Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Algorithmen, die greifen
Was den Anti-Dopingkampf angeht, bin ich – im Gegensatz zu anderen – eher positiv gestimmt. Ich kann zumindest für meine Sportart sagen, dass die immer intelligenteren Kontrollen der Antidoping-Agenturen allmählich Wirkung entfalten. Vor allem der Einsatz von Algorithmen bei den Tests, also die Auswahl der Kriterien durch Computerprogramme, greifen immer besser und verunsichern mögliche Betrüger.
Leider aber ist das Böse immer einen Tick vorn. Die Übertragung über die Haut macht uns Athleten aktuell Sorgen. Ich habe es gerade mit Rodler Felix Loch diskutiert. Ich hoffe, die Labore finden Wege, die Werte zu differenzieren. Triathlet Jan Frodeno hat nach seinem Weltrekord kürzlich schon den Handschlag – nicht wegen Corona -- weggelassen. Klar ist aber auch, einen sauberen Sport wird es nicht geben, wo es etwas zu gewinnen gibt. Die Freigabe von Dopingmitteln ist dabei aber keine Option.
Dass bei Olympia bisher nur drei Leichtathleten erwischt wurden, sehe ich auch als Resultat des Kontrolldrucks. Ich bringe Rekorde nicht automatisch mit Doping in Verbindung. Mit Norwegens Hürdenläufer Karsten Warholm habe ich oft gefrühstückt und kenne ihn als Sportler und Menschen gut. Er ist einfach ein Ausnahmeathlet. Für ihn würde ich fast meine Hand ins Feuer legen, dass er seine Rekorde auf ehrliche Weise erzielt. Bei ihm ist es auch egal, ob er Schuhe mit oder ohne Karbonsohle trägt. Und was sollen wir Deutsche sagen, wenn mein Speerwurfkollege Johannes Vetter bald Weltrekord wirft? Ich weiß, dass ein Olympiasieg ohne Doping möglich ist. Der Mensch hat seine Grenzen noch nicht erreicht.
Der Jenenser Thomas Röhler (29), Speerwurf-Olympiasieger von 2016 und in diesem Jahr verletzungsbedingt nicht am Start, wirft täglich einen persönlichen Blick auf die Spiele.