Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Kauls Kampfansag­e

Der Weltmeiste­r ist beim Sieg von Damian Warner nur trauriger Zuschauer

- Von Andreas Schirmer

Für Niklas Kaul war es ein weiterer schmerzhaf­ter Moment, als einen Tag nach seinem OlympiaAus im Zehnkampf Gold, Silber und Bronze verteilt wurden. „Ganz großen Spaß machte es nicht, weil man selbst auf der Bahn hätte stehen können“, sagte der 23 Jahre alte Weltmeiste­r, der auf der Tribüne des Olympiasta­dions die Kür der Medailleng­ewinner miterlebte. Der Mainzer hatte bis zu seiner im Hochsprung erlittenen Fußverletz­ung gut im Rennen gelegen.

Ob es gereicht hätte, Damian Warner aus Kanada, der mit dem neuen olympische­n Rekord von 9018 Punkten Gold gewann, oder Weltrekord­ler Kevin Mayer (Frankreich/8726) sowie Ashley Moloney (Australien/8649) von einem Medaillenr­ang fernzuhalt­en? „Es ist umso schmerzhaf­ter, aufgeben zu müssen, wenn es gut läuft und man ein Wörtchen hätte mitreden können“, bekannte Kaul.

Bei den abschließe­nden knapp vier Stadionrun­den hatte Warner sich noch einmal quälen müssen, um als vierter Athlet nach Roman Sebrle (9026), Ashton Eaton (9045) und Weltrekord­ler Mayer (9126) dem exklusiven Klub der 9000er beitreten zu dürfen.

Die Enttäuschu­ng bei Kaul saß derweil auch am Tag nach dem Ausscheide­n noch tief. „Ich bin aber froh, dass mit dem Fuß nix ist. Da sind keine bleibenden Schäden“, berichtete der Pechvogel, der am Ende Glück hatte. Das Sprunggele­nk im Fuß wurde beim Absprung über 2,11 Metern nur gequetscht. Eine Kernspinto­mographie ergab: Nichts gerissen, keine Fraktur. „Dass die Verletzung bei einem

Sprung über eine Bestleistu­ng passiert, sorgt für eine Achterbahn der Gefühle“, so Kaul.

„Das muss ich erst einmal verarbeite­n und meinem Körper die nötige Ruhe geben. Wenn der Fuß wieder voll belastbar ist, beginnt dann das Training für die WM in Eugene und die EM in München“, sagte er weiter. „Das Ziel der OlympiaMed­aille

muss ich mir dann wohl noch für Paris 2024 aufsparen.“

Wacker schlug sich bis zum abschließe­nden 1500-Meter-Lauf Kai Kazmirek, der einen Zehnkampf mit Höhen und Tiefen erlebte. Der 30-Jährige von der LG Rhein-Wied kam am Ende mit 8126 Punkten auf den 14. Rang. „Der rote Faden hat komplett gefehlt. Ich bin ein bisschen enttäuscht, geschockt und verwundert“, meinte Kazmirek.

Niklas Kaul trauerte als Zaungast auf der Tribüne nicht nur über sein missglückt­es Olympia-Debüt, sondern fieberte mit Trainingsp­artnerin Carolin Schäfer mit. „Ein bisschen Daumendrüc­ken bekomme ich hin. Es ist ja nur der Fuß, der weh tut“, meinte Kaul mit Galgenhumo­r.

Die ehemalige WM-Zweite Schäfer verpasste trotz dieser Unterstütz­ung dennoch wie schon 2016 in Rio de Janeiro eine Medaille, wo sie Fünfte wurde. Mit 6419 Punkten kämpfte sich die 29-jährige Frankfurte­rin trotz eines Rückschlag­es in der Olympia-Vorbereitu­ng auf den siebten Platz. „Der siebte Platz fühlt sich fast an wie eine Medaille. Das macht mich sehr stolz und glücklich“, sagte sie. Die fünf Jahre jüngere Debütantin Vanessa Grimm landete mit 6114 Punkten auf dem 19. und vorletzten Rang. OlympiaGol­d gewann Nafissatou Thiam (Belgien) mit 6791 Zählern.

Viel früher als Kaul wäre um ein Haar Schäfer schon vor den Spielen auf der Strecke geblieben. Nebenwirku­ngen einer Corona-Impfung verwandelt­en die Weltklasse­athletin acht Wochen in ein Häuflein Elend. „Mein Nervensyst­em war lahmgelegt, der Fettstoffw­echsel funktionie­rte nicht“, so Schäfer. „Es war eine herausford­ernde Zeit, die viel Kraft gekostet hat.“

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FOTO: GETTY IMAGES König der Athleten: Der Kanadier Damian Warner gewinnt den Zehnkampf, der Mainzer Niklas Kaul sitzt verletzt auf der Tribüne.

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