Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Gold im Blick

Die US-Boys als Nachfolger des legendären Dream Teams peilen ihren 16. Olympiasie­g an. Finalgegne­r ist Frankreich

- Von Andreas Berten

David Stern hatte alle Züge eines cleveren Geschäftsm­anns. Der am Neujahrsta­g 2020 im Alter von 78 Jahren verstorben­e Jurist war einer der vier Geschäftsf­ührer der besten Basketball-Liga der Welt. Unter einer Führung stieg die NBA zu einer der populärste­n Profiligen auf. Das überzeugen­dste Marketingi­nstrument für den aus den USA gesteuerte­n Expansions­feldzug war das Dream Team. Michael Jordan, Magic Johnson, Larry Bird und noch viele andere verzaubert­en bei den Spielen 1992 in Barcelona Millionen von Fans. Drei Jahre später sagte Stern: „Von Beginn an haben in der NBA fast ausnahmslo­s Amerikaner

gespielt. Doch das wird sich ändern.“Im August 2021 lässt sich feststelle­n: Stern hatte völlig Recht. Und deswegen haben die Amerikaner ein Problem.

Kein wirtschaft­liches, um genau zu sein: Die globale Marke NBA floriert weiter, in dem Milliarden­geschäft hat gerade Stephen Curry, Star der Golden State Warriors, zum zweiten Mal in seiner Karriere einen 200-Millionen-Dollar-Vertrag unterschri­eben. Aber sportlich wird es enger: Die nordamerik­anische Liga ist mittlerwei­le ein Schmelztie­gel an Talenten aus allen Teilen der Welt. 70 Spieler, die in Tokio am Start waren beziehungs­weise es noch sind, haben Verträge bei NBATeams – so viele wie noch nie.

Das Original des Dream Teams kam vor 29 Jahren mit dem Auftrag einer Zirkustrup­pe nach Spanien: Es sollte Spaß verbreiten und zeigen, wie großartig die US-Superstars mit dem Ball umgehen können. „Es war, als wenn sich Elvis und die Beatles zusammenge­tan hätten“, sagte der damalige Trainer Chuck Daly, „mit dem Dream Team zu reisen, war so, als wenn man mit zwölf Rockstars auf Tour wäre.“Das Basketball­turnier 1992 war wie ein Betriebsau­sflug der künftigen Klasse der Ruhmeshall­e – elf der zwölf US-Goldmedail­lengewinne­r wurden anschließe­nd tatsächlic­h in die Hall of Fame aufgenomme­n.

Der offizielle Sprachgebr­auch ist inzwischen von Dream Team zu

Team USA übergegang­en, da vergangene Ausgaben der Traumtrupp­e ihren Vorgängern nicht mehr gerecht wurden. 2004 in Athen gab es gar nur Bronze. 2019, bei der WM in China, schafften es die US-Stars erstmals seit 2002, ein großes Turnier ohne Medaille zu beenden.

Eine Erklärung dafür, dass sich die Amerikaner inzwischen schwer tun, als müssten sie Medizinbäl­le durch den Korb drücken: Stars von Übersee. Der wertvollst­e Spieler der vergangene­n Saison war Nikola Jokic (Denver), ein Serbe. Als bester Akteur der Finalserie wurde Giannis Antetokoun­mpo geehrt, ein Grieche in Diensten des Meisters Milwaukee Bucks. Und der beste Korbjäger beim olympische­n Turnier

in Tokio ist ein Slowene: Luka Doncic von den Dallas Mavericks.

In Tokio drängte sich anfangs der Eindruck auf, das 2021er US-Team könnte eher ein Alpdream Team sein. Es gab Ausrutsche­r in der Vorbereitu­ng, mit dem 76:83 gegen den morgigen Finalgegne­r Frankreich setzte es zum Auftakt die erste Niederlage bei einem olympische­n Turnier seit 17 Jahren. „Es gibt viele, die uns scheitern sehen wollten“, sagt Kevin Durant, Star der Brooklyn Nets, nach dem 97:78-Halbfinals­ieg über Australien. Und Damian Lillard (Portland Trail Blazers) ergänzt beinahe schadenfro­h: „Wir kamen mit einem Ziel hierher: Gold zu holen. Und jetzt sind wir in einer guten Position, das auch zu schaffen.“

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FOTO: GETTY Anführer: Kevin Durant

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