Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Kein Glanz in Tokio
Eine Bilanz der Ballsportarten aus deutscher Sicht
2016 in Rio sorgten die deutschen Fußballerinnen und Beachvolleyballerinnen für goldene Momente, auch Fußballmänner, Hockey-Teams und Handballer lieferten Edelmetall ab. In Tokio fällt die Bilanz der Mannschaftssportarten düster aus, erstmals seit Atlanta 1996 gab es keine Medaille.
BASKETBALL
Ein Sieg aus vier Spielen, bei jeder Niederlage hatte der Gegner mindestens zehn Punkte mehr. Das klingt nicht gut. Aber: Allein die TokioQualifikation war für die Mannschaft von Bundestrainer Henrik Rödl ein Erfolg. Gegen Italien fehlte beim Auftakt nicht viel, auch gegen Australien war das Spiel lange offen, gegen Nigeria zeigte die Mannschaft, was in ihr steckt. Ärgerlich ist eigentlich nur, dass das Viertelfinale gegen Slowenien so klar ausfiel. Doch dabei darf nicht vergessen werden, dass in Dennis Schröder, Daniel Theis, Maximilian Kleber und Isiah Hartenstein gleich vier gestandene NBA-Profis fehlten. Auch deshalb ist mit Blick auf 2022, wenn die Heim-EM steigt, Zuversicht angebracht. Trotz des tollen Sommers ist die Zukunft von Bundestrainer Rödl offen.
BEACHy VOLLEYBALL
Julius Thole und Clemens Wickler hatten noch die Chance, die Bilanz aufzuhübschen, blieben aber im Viertelfinale
hängen. Das junge Team gilt schon jetzt als Hoffnungsträger mit Blick auf Paris 2024. Karla Borger und Julia Sude scheiterten dagegen enttäuschend früh nach drei Niederlagen. Laura Ludwig und Margareta Kozuch erreichten das Viertelfinale, Ludwigs Traum vom erneuten Gold-Coup nach 2016 erfüllte sich nicht. Womöglich greift sie in Paris noch einmal an.
HANDBALL
Die deutschen Handballer träumten von einer Medaille, DHBVizepräsident Bob Hanning sogar von Gold, doch am Ende bleibt nach dem Viertelfinal-Aus gegen Ägypten vor allem Frust hängen. Der frühere Weltmeistertrainer Heiner Brand spricht von einem „Qualitätsproblem“und auch Profis wie Hendrik Pekeler übten Selbstkritik. Nach dem historisch schlechten zwölften Platz bei der WM im Januar in Ägypten ist es der nächste Rückschlag für den Deutschen Handballbund – einer, der die Alarmglocken schrillen lassen sollte. Von der Weltspitze war das Team von Bundestrainer Alfred Gislason ein gutes Stück entfernt.
HOCKEYy
Nach starken Auftritten bei der Europameisterschaft und auch in der Vorrunde mit vier Siegen spielten sich die Hockey-Frauen in den Favoritenkreis. Doch das böse Erwachen aus den Medaillenträumen folgte im Viertelfinale mit der klaren 0:3-Niederlage gegen Argentinien. Das Team von Bundestrainer Xavier Reckinger verpasste sein Ziel und muss daraus Lehren ziehen. Auch die Männer lebten den Traum vom Gold, stehen am Ende aber erstmals seit Sydney 2000 mit leeren Händen da. Nach dem 4:5 gegen Indien im Spiel um Bronze bleibt herbe Enttäuschung zurück.
FUSSBALL
Eins ist klar: So wie vor Tokio darf die Mannschaftsfindung für ein Olympiateam künftig nicht mehr ablaufen. Inklusive der lauten Nebengeräusche waren die Fußballer eine große Enttäuschung. Dass Trainer Stefan Kuntz nicht einmal 22 Profis für die Mission Medaille zusammenbekam, warf ein schlechtes Licht auf alle Beteiligten. Der Mannschaft fehlte es folglich an der nötigen Qualität, auch nur die Vorrunde zu überstehen. 2016 sah das noch ganz anders aus. Die Männer waren im Finale, die Frauen gewannen sogar Gold. Diesmal verpassten sie die Qualifikation und konnten das schwache Bild der Sportart folglich in Tokio nicht verhindern.
RUGBY
Auch bei der zweiten Ausgabe der olympischen 7er-Turniere waren die deutschen Mannschaften nicht dabei. Beim jeweils ersten EuropaQualifikationsturnier scheiterten beide Teams des Deutschen RugbyVerbandes vorzeitig.
VOLLEYBALL
Schon die Olympischen Spiele 2016 in Rio fanden ohne deutsche Beteiligung statt und nun wurde auch in Tokio ohne deutsche Mannschaften geschmettert. Die Zeiten, in denen die Nationalmannschaft der Männer intensiven Kontakt zur Weltspitze aufnahm, sind erstmal vorbei. Fünfter bei den Sommerspielen 2012 in London, Dritter bei der WM 2014 und Rang zwei bei der EM 2017 – von derartigen Platzierungen ist das Team von Bundestrainer Andrea Giani aktuell ein gutes Stück entfernt. Bei den Frauen wartet der Deutsche Volleyball-Verband weiter auf die erste Olympia-Teilnahme seit 2004 in Athen. Doch die junge Auswahl macht Hoffnung, dass sich dies 2024 ändern könnte.
yWASSERBALL
Schon zum dritten Mal in Folge schauten die deutschen Wasserballer bei Olympia nur zu. Bei der Qualifikation im Februar war die Auswahl chancenlos und verlor alle fünf Gruppenspiele. Der Neuanlauf für 2024 wird nicht leichter, manch gestandener Nationalspieler springt nicht mehr ins Becken. Ohne Hagen Stamm, der als Bundestrainer nicht mehr zur Verfügung steht, fehlt zudem die Galionsfigur, die zuletzt für etwas Aufschwung gesorgt hatte.