Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Erfreuliche Grab-Instandsetzungen
Privatpersonen und Organisationen widmen sich den letzten Ruhestätten von Weimarer Persönlichkeiten
Auf Weimars Hauptfriedhof sind in den vergangenen beiden Jahren mehrere Grabstätten durch Privatpersonen oder Organisationen saniert worden. Der Totensonntag ist Anlass genug, auf Beispiele aufmerksam zu machen.
auf dem Neuen Friedhof nahe am Durchgang zum Historischen Teil: Auf der jahrelang bröckelnden Anlage des wohl berühmtesten Weimarer Juweliers wirkten im Frühjahr 2020 ganz überraschend tüchtige Steinmetzen und erneuerten die teils eingestürzten Balustraden. Eine Traueranzeige berichtete über die Beisetzung der Nachfahrin Eva Mühlbächer am 25. Juni 2020. Ihr Sohn hatte der Berliner Kunsthistorikerin den Wunsch erfüllt, im Weimarer Familiengrab letzte Ruhe zu finden. Eine noble Geste und ein Beitrag zu Pflege der Weimarer Friedhofskultur.
Die Grabstelle des Oberkonsistorialrats Dr. Carl Friedrich Horn,
der als junger Stiftsprediger der wichtigste Mitstreiter Johannes Falks war: Im Juni 2020 leuchtete die wuchtige Grabplatte ganz im Süden des Historischen Friedhofs, auf der zuletzt kein Buchstabe zu entziffern war. Auf der gereinigten Fläche las man in feiner Handschrift den Namen und die Lebensdaten Horns.
Der Friedhof war nicht informiert. Auch Paul Andreas Freyer, der Chef des Falk-Vereins, hatte keine Kenntnis davon, doch er löste das Rätsel: Horns Ururgroßnichte, die Apothekerin Uta Krumbholz, hatte einen Steinmetzbetrieb beauftragt, drei Schriftzeilen aufzuarbeiten. Als dann vom Falk-Verein die Kosten für alle weiteren Schriftzeichen aufgebracht waren, konnte diese besondere Tafel im September im Beisein der 86-jährigen Initiatorin feierlich eingeweiht werden.
östlich am Hauptweg zur Trauerhalle, nahe dem „Zapfe-Engel“: Das wohl schönste MarmorMedaillon unseres Friedhofs, das Porträt der früh verstorbenen Elsbeth Hübner, gibt auch Bernd Mende Rätsel auf: In der Weimarer Denkmaltopografie ordnet er das Bildnis dem Leiter der Weimarer Bildhauerschule, Prof. Adolf Brütt, oder seiner Meisterschülerin Franziska von Seeger zu.
Diesen Platz mit dem besonderen Denkmal erwarb der Weimarer Pädagoge Dietrich Lindauer für seine im Herbst 2020 verstorbene Ehefrau, die Stadtführerin Ingrid Lindauer, über eine Grabpatenschaft.
Grabstelle des Oberkonsistorialrats Dr. Carl Friedrich Horn.
Weimars Adressbücher berichten: Hübners wohnten zumindest ab 1920 bis 1924 in der Luisenstr. 22a (der heutigen Humboldtstraße 22a), im Mittelteil der prächtigen Reihenhausgruppe, entworfen und
Grabstätte Lungwitz mit der Plastik für Johanna Lungwitz.
errichtet von den Brüdern Otto und Rudolf Zapfe 1909/10. Im Adressbuch 1920 ist Ernst Hübner Maschinenbauingenieur und Fabrikbesitzer mit Telefonanschluss. 1924 ist er Maschinenbauingenieur und
Grabstätte für den Geheimen Medizinalrat Dr. Ludwig Pfeiffer. Grab von Elsbeth und Ernst Hübner sowie sowie von Ingrid Lindauer.
1939/40 nur noch Angestellter mit Wohnsitz in der Wilhelm-Frick-/Rudolf-Breitscheid-Straße. Das lässt erhebliche Veränderungen seiner Lebensumstände vermuten. Doch die Liebe zu seiner 1922 verstorbe
Die Grabstätte für den Geheimen Medizinal- und Hofrat Dr. Ludwig Pfeiffer:
Anlässlich seines 100. Todestages im Mai 2021 widmeten ihm die Kassenärztliche Vereinigung mit Dr. Thomas Schröter und die Hainturmgesellschaft große Aufmerksamkeit. Die Grünen Wahlverwandtschaften unterstützten bei der Bepflanzung des Gedenkortes. Pfeiffers Einsatz gegen die Seuchengefahren, für das Impfwesen und die Urgeschichtsforschung veranlassten die KV dazu. Sein wuchtiger Grabstein im Süden des Historischen Friedhofs befindet sich nahe der Grabstätte des Oberbürgermeisters Carl Pabst. Beide hatten im Leben zahlreiche Kontakte: Pfeiffer war langjähriger Alterspräsident des Gemeinderates. 1905 rang er um das Leben der Großherzogin Caroline, geb. Reuß.
Die Grabstätte Lungwitz
an der Südmauer des Historischen Friedhofs: Einem grässlichen Akt von Vandalismus fiel die Kalksteinskulptur einer stehenden nur teilweise bekleideten Frau mit Blumen in der Hand zum Opfer: Man hatte ihr den Kopf abgeschlagen. Der Torso blieb längere Zeit vor Ort, bis die Tiefurter Familie den Mut fasste, das Kunstwerk mit Hilfe einer renommierten Restaurierungsfirma wieder zu ergänzen. Seit April 2021 dürfen wir die Plastik wieder bewundern. Sie hatte der Bildhauer Herbert Lungwitz 1946/47 im Ehringsdorfer Steinbruch für seine verstorbene Ehefrau Johanna Lungwitz aus Kalkstein geschlagen.
Die Grabanlage der Familie Zöllner
auf dem Neuen Friedhof im Wäldchen: Über zwei Jahrzehnte wartete man auf die Restaurierung der schlichten Grabtafel für den Stadtgutbesitzer Max Zöllner. Der schäbige Zustand ist passé. Auch den Tafeln seiner Verwandten widmete man Fürsorge. Der knapp 49-jährig verstorbene unverheiratet Gebliebene ist einer der bedeutendsten Weimarer Wohltäter. 1900/1901 wurde in der heutigen Gutenbergstraße dank seines Vermächtnisses das Gebäude der Beschäftigungsund Versorgungsanstalt für Blinde und Taubstumme nach dem Entwurf des Großherzoglichen Baurates Karl Reichenbecher errichtet.
Unser Autor Dr. Rudolf Wendt ist Ehrenvorsitzender des Vereins der Freunde und Förderer des Stadtmuseums.