Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Windradvorhaben: Resignation und Ablehnung zugleich
Der Willerstedter Ortschaftsrat ist dagegen. Auch der Gemeinderat Ilmtal-Weinstraße verweigert das Einvernehmen
Wie weiland Don Quijote mag sich inzwischen so manch Gemeinderatsmitglied in der Ilmtal-Weinstraße vorkommen. Der klapprige spanische Ritter zog der Legende nach einst gegen Windmühlen zu Felde. Erfolglos. Ähnlich ist es bei den Lokalpolitikern in der Landgemeinde. Sie dürften perspektivisch nicht die einzigen Enttäuschten bleiben.
Nachdem der Ortschaftsrat von Willerstedt nämlich bereits Nein zu Plänen einer Windkraftfirma gesagt hat, die in der Gemarkung ein Windrad errichten will, verweigerte am Montagabend auch der Landgemeinderat Ilmtal-Weinstraße mit Blick auf das Investitionsvorhaben einhellig das gemeindliche Einvernehmen. Zwar soll das Windrad (7,2 Megawatt Leistung, fast 200
Meter Nabenhöhe) künftig rund 1400 Meter von der Ortsbebauung entfernt stehen. Trotzdem möchte es niemand haben, zumal es auch außerhalb des Vorranggebietes W 9 (Willerstedt-Zottelstedt) gebaut werden soll; ein Novum.
Dass das inzwischen möglich ist, hat mit der verzwickten Situation zu tun, die derzeit in Mittelthüringen herrscht und auch schon in den Apoldaer Ortsteilen Oberroßla-Rödigsdorf, Herressen-Sulzbach und Oberndorf für Unmut sorgt. Hintergrund: Der Teilplan Windenergie der Regionalen Planungsgemeinschaft Mittelthüringen, in der die WVorranggebiete zu finden sind, wurde 2023 gerichtlich für nichtig erklärt.
Damit tat sich die Möglichkeit auf, auch außerhalb dieser Gebiete Windkraftanlagen zu beantragen, weil die quasi Lenkungsfunktion der Regionalplanung (derzeit) ausgehebelt ist.
Folgen davon sind nun solche Bauvoranfragen (mit dem Ziel Bauantrag) wie im Fall von Willerstedt. Zwar wurde durch die Regionale Planungsgemeinschaft jüngst ein neuer (rechtssicherer) Entwurf zum zweiten sachlichen Teilplan Windenergie vorgelegt (derzeit öffentlich einzusehen), aber der braucht eben noch etwas Zeit, bis er in Kraft tritt. Die Ilmtal-Weinstraße hat sich zu diesem Entwurf, insbesondere zum erweiterten Vorranggebiet W 9 (Willerstedt-Zottelstedt), bislang noch nicht positioniert.
Zudem enthält der Entwurf zusätzlich zu den W-Vorrangflächen auch WG-Vorrangflächen, die gewerbeund industrienah errichtet werden können. Beispiele dafür sind WG 6 (Apolda, Gewerbegebiet B 87) und WG 5 (Großheringen, nahe Viega). Bezüglich der potenziellen Möglichkeiten, die zum Beispiel WG 6 künftig bieten würde, hat sich bereits eine Bürgerinitiative „Gegenwind“gegründet, die seit Wochen Protestunterschriften sammelt.
Aber zurück zum Landgemeinderat Ilmtal-Weinstraße: In dem war nun die Resignation beinahe mit den Händen zu greifen, obgleich das Votum so nicht unbedingt erwartbar war. Denn im Frühjahr des vergangenen Jahres hatte der Landgemeinderat doch einen Grundsatzbeschluss gefasst, wonach die Landgemeinde nicht mehr gerichtlich gegen den Bau von Windrädern auf dem Windvorranggebiet W 9 vorgehen wird. Weil es sich beim Vorhaben in Willerstedt aber erstmals um eines außerhalb eines Vorranggebietes (und damit eben um eine neue Qualität) handelt, dürften die Gemeinderäte abgelehnt haben.
Am Montagabend jedenfalls konstatierte Bauamtschef Ronny Funk: „Aus unserer Sicht ist nichts mehr dagegenzusetzen. Wir haben da keine Chance mehr.“
Landgemeinderat wird wohl später nochmals angehört
Weil nun der Landgemeinderat ablehnte, kommt zwangsläufig die Frage auf, was das nun bedeutet. In diesem Fall, erklärt Ronny Funk, werde der Beschluss möglicherweise ersetzt. Und zwar durch die Untere Immissionsschutzbehörde beim Kreis.
Dieses deshalb, weil der Landgemeinderat insoweit widerrechtlich handele, als es gar keine sachlichen Gründe mehr gebe, das Einvernehmen zu verweigern. Jedenfalls war am Montagabend außer emotional untersetztem Unmut kein stichhaltiges Gegenargument zu hören. Im Weiteren dürfte die Landgemeinde also irgendwann (und vorm Hintergrund ihrer Ablehnung vom Montag) nochmals zu ihrem Votum angehört werden. Trägt sie dann nachträglich keine guten Gründe gegen das Windradvorhaben vor und bestätigt der Rat sein Nein trotzdem, würde die übergeordnete Behörde so handeln, als hätte der Rat das gemeindliche Einvernehmen erklärt (Ersatz).
Schlimmstenfalls könnte sich die Ilmtal-Weinstraße sogar mit einer Schadenersatzklage konfrontiert sehen. Noch aber ist es nicht an dem, zumal man sich derzeit erst in der Phase der Bauvoranfrage bewege. Der Ton zwischen den Interessengruppen indes wird rauer werden. Das steht schon mal fest. Und das ist erst der Vorgeschmack auf kommende Konflikte.