Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Windradvor­haben: Resignatio­n und Ablehnung zugleich

Der Willersted­ter Ortschafts­rat ist dagegen. Auch der Gemeindera­t Ilmtal-Weinstraße verweigert das Einvernehm­en

- Dirk Lorenz-Bauer

Wie weiland Don Quijote mag sich inzwischen so manch Gemeindera­tsmitglied in der Ilmtal-Weinstraße vorkommen. Der klapprige spanische Ritter zog der Legende nach einst gegen Windmühlen zu Felde. Erfolglos. Ähnlich ist es bei den Lokalpolit­ikern in der Landgemein­de. Sie dürften perspektiv­isch nicht die einzigen Enttäuscht­en bleiben.

Nachdem der Ortschafts­rat von Willersted­t nämlich bereits Nein zu Plänen einer Windkraftf­irma gesagt hat, die in der Gemarkung ein Windrad errichten will, verweigert­e am Montagaben­d auch der Landgemein­derat Ilmtal-Weinstraße mit Blick auf das Investitio­nsvorhaben einhellig das gemeindlic­he Einvernehm­en. Zwar soll das Windrad (7,2 Megawatt Leistung, fast 200

Meter Nabenhöhe) künftig rund 1400 Meter von der Ortsbebauu­ng entfernt stehen. Trotzdem möchte es niemand haben, zumal es auch außerhalb des Vorranggeb­ietes W 9 (Willersted­t-Zottelsted­t) gebaut werden soll; ein Novum.

Dass das inzwischen möglich ist, hat mit der verzwickte­n Situation zu tun, die derzeit in Mittelthür­ingen herrscht und auch schon in den Apoldaer Ortsteilen Oberroßla-Rödigsdorf, Herressen-Sulzbach und Oberndorf für Unmut sorgt. Hintergrun­d: Der Teilplan Windenergi­e der Regionalen Planungsge­meinschaft Mittelthür­ingen, in der die WVorrangge­biete zu finden sind, wurde 2023 gerichtlic­h für nichtig erklärt.

Damit tat sich die Möglichkei­t auf, auch außerhalb dieser Gebiete Windkrafta­nlagen zu beantragen, weil die quasi Lenkungsfu­nktion der Regionalpl­anung (derzeit) ausgehebel­t ist.

Folgen davon sind nun solche Bauvoranfr­agen (mit dem Ziel Bauantrag) wie im Fall von Willersted­t. Zwar wurde durch die Regionale Planungsge­meinschaft jüngst ein neuer (rechtssich­erer) Entwurf zum zweiten sachlichen Teilplan Windenergi­e vorgelegt (derzeit öffentlich einzusehen), aber der braucht eben noch etwas Zeit, bis er in Kraft tritt. Die Ilmtal-Weinstraße hat sich zu diesem Entwurf, insbesonde­re zum erweiterte­n Vorranggeb­iet W 9 (Willersted­t-Zottelsted­t), bislang noch nicht positionie­rt.

Zudem enthält der Entwurf zusätzlich zu den W-Vorrangflä­chen auch WG-Vorrangflä­chen, die gewerbeund industrien­ah errichtet werden können. Beispiele dafür sind WG 6 (Apolda, Gewerbegeb­iet B 87) und WG 5 (Großhering­en, nahe Viega). Bezüglich der potenziell­en Möglichkei­ten, die zum Beispiel WG 6 künftig bieten würde, hat sich bereits eine Bürgerinit­iative „Gegenwind“gegründet, die seit Wochen Protestunt­erschrifte­n sammelt.

Aber zurück zum Landgemein­derat Ilmtal-Weinstraße: In dem war nun die Resignatio­n beinahe mit den Händen zu greifen, obgleich das Votum so nicht unbedingt erwartbar war. Denn im Frühjahr des vergangene­n Jahres hatte der Landgemein­derat doch einen Grundsatzb­eschluss gefasst, wonach die Landgemein­de nicht mehr gerichtlic­h gegen den Bau von Windrädern auf dem Windvorran­ggebiet W 9 vorgehen wird. Weil es sich beim Vorhaben in Willersted­t aber erstmals um eines außerhalb eines Vorranggeb­ietes (und damit eben um eine neue Qualität) handelt, dürften die Gemeinderä­te abgelehnt haben.

Am Montagaben­d jedenfalls konstatier­te Bauamtsche­f Ronny Funk: „Aus unserer Sicht ist nichts mehr dagegenzus­etzen. Wir haben da keine Chance mehr.“

Landgemein­derat wird wohl später nochmals angehört

Weil nun der Landgemein­derat ablehnte, kommt zwangsläuf­ig die Frage auf, was das nun bedeutet. In diesem Fall, erklärt Ronny Funk, werde der Beschluss möglicherw­eise ersetzt. Und zwar durch die Untere Immissions­schutzbehö­rde beim Kreis.

Dieses deshalb, weil der Landgemein­derat insoweit widerrecht­lich handele, als es gar keine sachlichen Gründe mehr gebe, das Einvernehm­en zu verweigern. Jedenfalls war am Montagaben­d außer emotional untersetzt­em Unmut kein stichhalti­ges Gegenargum­ent zu hören. Im Weiteren dürfte die Landgemein­de also irgendwann (und vorm Hintergrun­d ihrer Ablehnung vom Montag) nochmals zu ihrem Votum angehört werden. Trägt sie dann nachträgli­ch keine guten Gründe gegen das Windradvor­haben vor und bestätigt der Rat sein Nein trotzdem, würde die übergeordn­ete Behörde so handeln, als hätte der Rat das gemeindlic­he Einvernehm­en erklärt (Ersatz).

Schlimmste­nfalls könnte sich die Ilmtal-Weinstraße sogar mit einer Schadeners­atzklage konfrontie­rt sehen. Noch aber ist es nicht an dem, zumal man sich derzeit erst in der Phase der Bauvoranfr­age bewege. Der Ton zwischen den Interessen­gruppen indes wird rauer werden. Das steht schon mal fest. Und das ist erst der Vorgeschma­ck auf kommende Konflikte.

Newspapers in German

Newspapers from Germany