Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Ein Weimarer Abend für Harry Thürk
Die Lesereihe „Kümmels Kultur“widmet sich am 12. April einem der meistgelesenen deutschen Nachkriegsautoren
„Kümmels Kultur“bekommt in dieser Woche ein neues Kapitel. Am Freitag, 12. April, öffnet die Weimarer Stadtbücherei an der Steubenstraße hierzu um 17 Uhr ein weiteres Mal ihren Gewölbekeller.
Mit seiner privat organisierten Lese- und Gesprächsreihe möchte Thomas Kümmel abseits politischer Interpretationen ein Stück DDRIdentität bewahren und an die OstKultur erinnern, die sich sowohl im Alltäglichen als auch in der Kunst widerspiegelte. Der Schöndorfer widmete im vergangenen Jahr bereits zwei dieser Abende den über die DDR hinaus bedeutenden Schriftstellern Christa Wolf und Erwin
Strittmatter. Nun bringt er einen ostdeutschen Autor wieder ins Gespräch, der einen ganz konkreten Bezug zur Kulturstadt hat: Harry Thürk.
Thürk, der in Oberschlesien aufwuchs, musste wie viele nach dem Krieg aus seiner Heimat flüchten und fand in Weimar sein neues Zuhause. Seine Wahl war von Dauer, wenngleich ihn sein Beruf als Journalist und Autor von den 50er- bis zu den 80-er Jahren mehrfach nach Ostasien führte, in die damaligen Kriegsgebiete von Korea und Vietnam ebenso wie nach China, Laos und Kambodscha.
Insbesondere aus diesen Reisen wie auch aus den Erinnerungen an seine Jugend schöpfte er den Stoff seiner insgesamt 60 Bücher, vor allem Romane, Dokumentationen, Reportagen, Krimis und Kinderbücher sowie 15 Drehbücher.
Rund fünf Millionen Bücher in 14 Sprachen werden verkauft
Harry Thürk starb 2005 in Weimar und fand seine letzte Ruhestätte auf dem hiesigen Hauptfriedhof. Er zählt zu den meistgelesenen Autoren der DDR. Rund drei Millionen seiner Bücher wurden allein im deutschsprachigen Raum verkauft, weitere zwei Millionen in zusammen 13 Übersetzungen.
Das Volk verschlang seine spannend und authentisch erzählten Romane, die eigene Branche – vor allem jene im Westen Deutschlands – tat seine Literatur als schwülstig, derb und pathetisch ab. So war es der „Spiegel“, der ihn in den 90ern als „Konsalik des Ostens“abstempelte. Immerhin: Von 1971 bis 1983 stand er dem Schriftstellerverband im Bezirk Erfurt vor.
Sein wohl bekanntestes Werk ist der 1957 erschienene Roman „Die Stunde der toten Augen“. Aus diesem Buch wird am Freitag in der Stadtbücherei Weimars Alt-Oberbürgermeister Volkhardt Germer lesen. Mit ihm stellen auch der frühere Thüringer Staatssekretär Falk Oesterheld, die ehemalige Gymnasiallehrerin Uta Eckardt sowie die Unternehmensberaterin Andrea Bischoff ihre Lieblingspassagen aus Thürks Büchern vor.
Nach dem Zuhören ist mitreden ausdrücklich erlaubt. Der Eintritt zum Leseabend ist frei.