Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Zwangsarbeit steht im Fokus
Zum 79. Jahrestag der Befreiung planen Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora viele Veranstaltungen
Auch wenn der russische Angriffskrieg die Anreise ehemaliger Häftlinge aus der Ukraine und Russland verhindert, freut sich die Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora darüber, anlässlich der Gedenkveranstaltung der Befreiung der Lager am 14. und 15. April, insgesamt elf Überlebende der Lager – neun in der Gedenkstätte Buchenwald und zwei in der KZ-Gedenkstätte MittelbauDora – aus Belarus, Deutschland, Frankreich, Israel, Polen, Rumänien und den USA begrüßen zu können. Darüber informiert die Stiftung in einer Pressemitteilung.
Das Veranstaltungsprogramm, das die Gedenkstätten mit ihren zahlreichen Kooperationspartnern und mit Blick auf den 79. Jahrestag aufgestellt haben, widmet sich in diesem Jahr vor allem der Zwangsarbeit im Nationalsozialismus.
Ausstellungen, Rundgänge, Buchvorstellung und Matineen
„Wie kein anderes Verbrechen des Nationalsozialismus verweist die Zwangsarbeit auf die Funktionsweise der NS-Gesellschaft, einer radikal rassistisch strukturierten Gesellschaft, die auf zwei Säulen stand: Integrationsangebote an die deutschen ,Volksgenossen‘ auf der einen Seite sowie Ausgrenzung, Verfolgung und Mord der ,Gemeinschaftsfremden‘ auf der anderen Seite“, verdeutlicht Stiftungs-Direktor Jens-Christian Wagner und führt
aus: „Zur Mitmachbereitschaft im Nationalsozialismus trugen – neben dem von vielen Deutschen geteilten Rassismus und Antisemitismus des Regimes – ganz wesentlich Kriminalisierungsdiskurse gegenüber den Ausgegrenzten und Verheißungen der Ungleichheit bei.
Und tatsächlich führte ja nicht zuletzt die Zwangsarbeit dazu, dass die Ungleichheit für viele Deutsche materielle oder zumindest subjektive Aufstiegserfahrungen bedeutete.“Zwangsarbeit, so der Direktor der Stiftung, stabilisierte das nationalsozialistische System.
Das Programm am Wochenende umfasst Ausstellungen, Themenund Stadtrundgänge, Buchvorstellungen und Matineen und ist in voller Länge auf der Webseite der Stiftung unter www.buchenwald.de einsehbar. In der Gedenkstätte Buchenwald beleuchtet demnach etwa der Stationenweg „Geschichte. Bewusst. Machen.“, der am Sonntag, dem 14. April, um 13.30 Uhr beginnt, verschiedene Aspekte der Zwangsarbeit im Lager.
Und in der KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora wird der Soziologe und Philosoph Nikolas Lelle in seiner Rede bei der Gedenkfeier am 15. April, um 11 Uhr, die erinnerungskulturelle Relevanz der NSZwangsarbeit in den Blick nehmen, für die das KZ Mittelbau-Dora exemplarisch steht.
Der offizielle Teil samt Ansprachen von Jens-Christian Wagner und Naftali Fürst, Präsident des Internationalen Komitees Buchenwald-Dora und Kommandos, sowie die Kranzniederlegung beginnt am Sonntag um 15 Uhr auf dem ehemaligen Appellplatz.
„Mit unseren Veranstaltungen zum 79. Jahrestag wollen wir heutiger Hetze und Fälschung der Geschichte eine wissenschaftlich fundierte und mit einem klaren ethischen Kompass versehene Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und Gegenwart entgegensetzen“, so Jens-Christian Wagner weiter.
Mit dem Thema Zwangsarbeit verweisen die beiden Gedenkstätten übrigens auch schon auf das neue Museum Zwangsarbeit im Nationalsozialismus, das die Stiftung am 8. Mai dieses Jahres im ehemaligen Gauforum in Weimar eröffnen wird.