Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Scholz’ schwierige­r Spagat in Fernost

Politisch heikel, wirtschaft­lich wichtig: Der Bundeskanz­ler reist nach China – und muss dabei diverse diplomatis­che Klippen umschiffen

- Jan Dörner

Es gibt wahrhaftig leichtere Reiseziele für den Bundeskanz­ler als China. Das Land mit seinen 1,4 Milliarden Einwohnern ist einerseits ein wichtiger Ansprechpa­rtner für Deutschlan­d, anderersei­ts beobachtet der Westen den von Peking kompromiss­los verfolgten Aufstieg zur Supermacht mit Sorge. Es gibt viele heikle Themen, die Olaf Scholz in China ansprechen muss. Drei Dinge, die der Kanzler beachten muss.

Das Programm der Reise ist eng getaktet: Am Sonntag besucht Scholz die 30-Millionen-Stadt Chongqing, am Montag ist er in der

Wirtschaft­smetropole Shanghai. In Peking stehen am Dienstag politische Themen im Fokus, dort will Scholz Präsident Xi Jinping und Ministerpr­äsident Li Qiang treffen. Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder war kürzlich ebenfalls in China, es blieb vor allem in Erinnerung, wie er einen Plüschpand­a knutschte. Dem CSU-Politiker wurde in Deutschlan­d unkritisch­e „PandaDiplo­matie“vorgeworfe­n.

Keine Pandas küssen wie zuvor Markus Söder

Der Grünen-Politiker Boris Mijatovic erwartet von Scholz ein anderes Auftreten. China sei ein wichtiger Wirtschaft­spartner Deutschlan­ds und der EU. Der Kanzler müsse aber die Drohungen Pekings gegen Taiwan, die Bedeutung einer auf Regeln fußenden internatio­nalen Ordnung oder die Menschenre­chtsverlet­zungen in Xinjiang und Tibet ansprechen, sagte der Vizevorsit­zende der Deutsch-Chinesisch­en Parlamenta­riergruppe unserer Redaktion. Mijatovic erwartet eine „arbeitsint­ensive Reise“des Bundeskanz­lers: „Da stellt sich die Frage nach Bildern aus Freizeitak­tivitäten nicht.“

Bei seinem letzten China-Besuch im November 2022 hatte Scholz einen Erfolg gefeiert: Xi warnte seinen Verbündete­n Wladimir Putin bei dem Treffen davor, im UkraineChi­na-Experte

Krieg Atomwaffen einzusetze­n. Das galt als wichtiges Signal. China ist jedoch weiterhin ein Partner Russlands und hindert Putin nicht daran, den Krieg weiterzufü­hren. In Peking wird Scholz erneut versuchen, China zur Einflussna­hme auf Russland zu bewegen.

Nis Grünberg vom Institut Merics in Berlin verweist allerdings auf die enge strategisc­he Partnersch­aft zwischen Moskau und Peking. Er erwartet daher nicht, dass China Druck auf Putin macht, um diesen zu einem Ende des Krieges gegen die Ukraine zu bewegen.

Eine Wirtschaft­sdelegatio­n begleitet den Kanzler

„Allerdings glaube ich, und das ist wichtig, dass man vonseiten Scholz’ und auch von anderen Seiten jetzt noch aktiver und aggressive­r kommunizie­ren muss, dass das für uns zentral ist“, sagt Grünberg. Scholz wird zur Freude der Regierung in

Peking von einer Wirtschaft­sdelegatio­n begleitet. Mit den Besuchen in Chongqing und Shanghai setzt er zudem noch vor den politische­n Gesprächen die Botschaft, dass ihm die Wirtschaft­sbeziehung­en zu China wichtig sind.

In der neuen China-Strategie der Bundesregi­erung heißt es allerdings, dass das Verhältnis zu der asiatische­n Wirtschaft­smacht für Deutschlan­d kein Risiko sein darf, etwa weil Abhängigke­iten in Lieferkett­en bestehen. Scholz muss deutlich machen, dass Deutschlan­d in der Welt nach alternativ­en Partnern sucht – und damit auf das politisch und wirtschaft­lich aggressive Verhalten Chinas reagiert.

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DPA Erwartet straffes Programm: Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD).

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