Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Zum Tod von Dickey Betts: Live ist Trumpf

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Sein federndes Gitarrensp­iel, sein gefühlvoll­er Gesang, sein harter Umgangston: Forrest Richard Betts, Dickey Betts genannt, war für vieles bekannt. Auch seinen Schnauzbar­t.

Der frühere Gitarrist und Sänger der Allman Brothers Band, der am 18. April 2024 mit 80 Jahren verstorben ist, definierte optisch wie musikalisc­h so einprägsam den Prototyp des Südstaaten-Rockers, dass er wohl Pate stand für eine Filmfigur: den Musiker Russell Hammond in „Almost Famous“. Der Streifen ist Regisseur Cameron Crowes Liebeserkl­ärung an die Musik der 60erund 70er-Jahre, das Fan-Sein und die Kraft des Rock’n’Roll,

„Verdammt, der Typ sieht aus wie ich!“, sagte selbst Betts in einem Interview mit dem Rolling Stone. Der Musiker gehörte zu den Gründungsm­itgliedern der Allman Brothers Band und prägte deren Werk entscheide­nd mit. Er war Sänger und neben Duane Allman zweiter Gitarrist der Band, schrieb deren bekanntest­e Songs wie „Ramblin‘ Man“oder „Jessica“.

Dickey Betts brachte Country und Jazz in die Blues- und Rockgrundi­erung der Gruppe, vor allem nach dem frühen Tod von Duane Allman 1971. Die Allman Brothers gelten als Wegbereite­r des Southern Rocks, prägten Bands wie Lynyrd

Skynyrd. Mit Radio und Charts tauglichen Songs von drei Minuten Länge tat sich die Gruppe schwer, ihr Ding war das Jammen und Improvisie­ren. Ein Song dauerte live schon mal zehn Minuten und mehr.

Und so kommt es, dass das dritte Album „At Fillmore East“, eine Live-LP, das erfolgreic­hste der jungen Karriere der 1969 gegründete­n Band wird. Aufgenomme­n an zwei Abenden im März 1971 im Fillmore East in New York City geben sich die noch tief im Blues verhaftete­n Musiker in ausufernde­r Spielfreud­e. Es ist eine Doppel-LP mit nur sieben Titeln: drei Songs knacken die zehn Minuten, der längste Track der Platte, „Whipping Post“, gniedelt sich durch epische 23 Minuten.

Die Gruppe spielt mit „In Memory of Elizabeth Reed” im „Fillmore“einen frühen Klassiker – geschriebe­n von Dickey Betts. Und ein weiteres Markenzeic­hen: ein Instrument­alstück. Der Track, inspiriert von der Inschrift eines Grabsteins, zeigt exemplaris­ch den von der Freude am Musizieren getriebene­n Ansatz der Musiker: Als Studiovers­ion kommt der Song auf knapp sieben Minuten; die bekanntere LiveVersio­n verdoppelt die Spielzeit.

Auch die Männer im Hintergrun­d bekommen auf einem der erfolgreic­hsten Live-Alben der Musikgesch­ichte ein Stück Ruhm ab: Auf der Rückseite des Covers ist die Road Crew der Band verewigt. Genauso groß wie die Musiker vorn.

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Christian Werner über das Album „At Fillmore East“

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