Thüringische Landeszeitung (Weimar)
NSU-Akten vor Vernichtung schützen
Linke-Abgeordnete fordert andere Bundesländer und den Bund auf, diesem Beispiel zu folgen
Die Thüringer Landesregierung will die noch vorhandenen Akten zum NSU-Komplex vor der endgültigen Vernichtung schützen. Die Staatskanzlei bestätigt eine entsprechende Kabinettsentscheidung aus der Vorwoche. Damit folgt die rotrot-grüne Regierung einem Beschluss des Landtags vom 1. Oktober 2019, wonach die noch vorhandenen NSU-Akten sicher archiviert werden sollen. In der aktuellen Legislaturperiode hatte das Parlament keinen weiteren Untersuchungsausschuss zum NSU-Komplex eingesetzt.
Der Beschluss bilde die Grundlage, die NSU-Akten weiterhin aufzubewahren und beispielsweise für die Forschung zugänglich zu machen, freut sich Katharina König-Preuss. Andere Bundesländer, in denen ebenfalls NSU-Untersuchungsausschüsse gearbeitet haben, sowie der Bund, müssten jetzt dem Thüringer
Beispiel folgen, fordert die LinkeAbgeordnete. Denn das Archivgesetz schreibe vor, dass in Thüringen nur Akten langfristig aufbewahrt werden dürfen, die aus Thüringen stammten. Dokumente beispielsweise des Bundesamtes für Verfassungsschutz müssten dafür vom Bundesarchiv übernommen werden. Die Akten zum NSU-Komplex sind sicher im Landtag verwahrt. Für die meisten der Unterlagen ist die Aufbewahrungsfrist längst abgelaufen. Ein Moratorium der Landesregierung von 2011 hat deren Vernichtung
bisher verhindert. Der Parlamentsbeschluss vom Oktober 2019 bewahrte die eingelagerten Unterlagen eigentlich nur noch bis zum 30. September 2020 vor dem Schredder. Die Ministerrunde verständigte sich nun darauf, dass die im Landtag verbliebenen Dokumente zum NSU-Komplex an die jeweiligen Behörden zurückgegeben werden. Thüringer Akten und digitale Speicher erhalten einen Vermerk, der sie dauerhaft vor einer Vernichtung schützen soll.
Die bereits geschlossenen NSUAkten
werden zudem vorfristig dem Landesarchiv zur Übernahme angeboten. Diese Unterlagen würden dafür den Status „archivwürdig“erhalten, verständigte sich das Kabinett. Abweichend vom Archivgesetz sollen nach Informationen dieser Zeitung unter diese Kategorie auch Unterlagen fallen, die nur noch als Kopie vorhanden sind. Ein zentrales NSU-Archiv, wie vom Landtag 2019 gefordert, wird es vorerst nicht geben.
Die rechtsextreme Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“(NSU) konnte zwischen 1998 und 2011 bundesweit zehn Morde sowie 15 Raubüberfälle begehen. Nach einem Überfall im November 2011 in Eisenach erschossen sich zwei Mitglieder in einem Wohnmobil, als sie von der Polizei entdeckt wurden. Beate Zschäpe, das dritte Mitglied, war 2018 vom Oberlandesgericht München zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden.