Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Bodos Beutel
Der Ministerpräsident ist jetzt auch auf Tiktok. Wenn Sie jetzt fragen, wo bitte schön ist der? Dann sind Sie zum einen nicht allein und gehören zum anderen wahrscheinlich einer Generation an, die zum Spielen noch rausgegangen ist und sich nicht in ihrem Zimmer verbarrikadierte, um vor einem flachen Bildschirm zu zocken.
Aber man muss mit der Zeit gehen. Das hat sich auch Bodo Ramelow gedacht. Der zwar eben jener Rausgehspielgeneration angehört, aber schon immer gerne Neues ausprobierte.
Tiktok ist ein soziales Netzwerk für Kurzvideos. Also eine weitere Parallelwelt im Internet, die oft alles andere als sozial sind und auch Müll und Hetze verbreiten. Nicht, dass es hier einen Zusammenhang gäbe, aber der Kanal gilt als Domäne der AfD. Deren Landesverband wird in Thüringen bekanntlich vom Verfassungsschutz als erwiesen rechtsextrem eingestuft. Aber lassen wir das. Den Anhängern der nur vermeintlichen Alternative ist dieser Fakt ohnehin schnuppe.
Beim Stichwort „Verfassungsschutz“fällt uns noch ein, dass Thüringens Amtschef Stephan Kramer vor Tiktok, dessen Betreiber in China sitzt, gewarnt hat. Das Netzwerk funktioniere „wie ein Trojaner“. Es lese Kontakte aus dem Adressbuch der Nutzer aus und könne Eingaben auf der Tastatur mitlesen.
Ramelow hat die Worte seines Beamten entweder nicht zur Kenntnis oder ernst genommen. Vielleicht war es auch eine Folgennutzenabschätzung. Immerhin kann man mit Tiktok neue, junge Wähler ansprechen. Und wer im Reich der Mitte ist schon ernsthaft daran interessiert, was ein Thüringer Regierungschef in sein Handy oder Computer tippt? Das ist doch in der Regel wenig später zum Großteil eh alles öffentlich.
Seine Tiktok-Premiere hat Ramelow übrigens gleich mal dazu genutzt, um gegen Olaf Scholz (SPD) zu sticheln. Der Bundeskanzler verriet dort quasi ein kleines Staatsgeheimnis: die innige und offenbar jahrzehntelange Beziehung zu seiner schwarzen Lederaktentasche. „Die begleitet mich. Ein treuer Freund könnte man sagen“, schmachtete Scholz.
Ramelow konterte nun: „Aktentaschen auf Tiktok finde ich saublöd.“Und er habe gar keine. „Ich hab einen wunderbaren Beutel, da steht drauf ‚Weltoffenes Thüringen‘ und damit gehe ich gerne rum. Das reicht vollkommen.“
Zum Schluss machte der Linke noch eine Ankündigung: „Ich bin gekommen, um zu bleiben.“
Bei Tiktok mag das klappen. Bezogen auf seine Zeit in der Staatskanzlei sieht es damit aktuell eher schlecht aus.