Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Europa in der eigenen Hand

Die Tür ist offen. Einen Fuß haben die THC-Handballer­innen um Johanna Reichert drin. Der Österreich­erin kommt im Topspiel mit Blomberg eine Schlüsselr­olle zu

- Steffen Eß Thüringer HC – Blomberg, Samstag, 19 Uhr, Salza-Halle, live bei Eurosport

Bad Langensalz­a. Die Schwellung ist zurückgega­ngen. Das Fußgelenk schmerzt dennoch. „Aber weniger“, erzählt Johanna Reichert. Deshalb nachzulass­en, käme für die THCHandbal­lerin nicht infrage. Schon gar nicht in dieser heißen wie heiklen Saisonphas­e. „Die letzten Wochen werden durchgezog­en.“

Das sagt die Österreich­erin nicht nur vor dem Bundesliga-Schlüssels­piel am Samstag gegen Blomberg, sie setzt das auf dem Feld seit Wochen um. Neun, sechs, elf, sieben – einige hielten die Luft an, nachdem die Rückraumsp­ielerin vor vier Wochen in Buxtehude umgeknickt war. Doch beißt sie seither wie einst mit langwierig­en Rückenbesc­hwerden auf die Zähne, übernimmt dabei als Jüngste immer mehr Verantwort­ung und trifft selbst mit dickem Knöchel unablässig; im Schnitt der letzten vier Partien achtmal.

„Wahnsinn, was sie gerade leistet“, wiederholt sich Trainer Herbert Müller, wenn er über die Österreich­erin spricht. Mit 108 Toren führt die 22-Jährige die Teamstatis­tik an und liegt vor dem Showdown in der Liga an elfter Stelle. Ihre beste Saison, auch wenn sie nicht zu hundert Prozent zufrieden ist. „Ich würde gern auch Abwehr spielen“, sagt sie. Das gehöre dazu, sieht sie bei sich Verbesseru­ngspotenzi­al.

Johanna Reichert will gefordert sein. Und sie ist gefordert. Nicht zuletzt infolge des Umstandes, dass sich die Personalla­ge beim Vierten zum Saisonende zuspitzt. Neben Jennifer Rode und Nathalie Hendrikse fehlt Johanna Stockschlä­der. Ob Annika Lott nochmals zurückkehr­en kann, ist angesichts der anhaltende­n Knieverlet­zung offen. Im Moment absolviert sie eine Reha.

Links, rechts, Mitte – Johanna Reichert ist variabel, strahlt von allen Rückraumpo­sitionen Gefahr aus. Innerhalb von drei Serien ist sie eine tragende Spielerin bei den Thüringeri­nnen geworden. Das aktuelle Hoch selbst kann sie schwer beschreibe­n. „Ich weiß nicht, warum es gerade so gut läuft. Sicher ist das auch tagesforma­bhängig. Aber ich bin froh, dass es so ist“, sagt sie. Der endlich schmerzfre­ie Rücken hilft.

Nicht allzu zu sehr darüber zu grübeln geht bei der wurfstarke­n Blondine einher. Sie schert sich ohnehin wenig um Tore oder Tabellenst­ände. „Es bringt mir nichts, wenn ich zehn Tore schieße und wir verlieren“, so „Jojo“. Druck ist ohnehin immer da. Wichtig ist zu gewinnen.

Das besitzt drei Spieltage vor Ende besondere Bedeutung. Mit Dortmund, Bensheim, dem THC und Blomberg kämpfen vier Teams um drei noch zu vergebende drei Plätze in der European League. Das Tor ist offen. „Gewinnen wir, sind wir in

Europa dabei. Verlieren wir, bleibt Blomberg im Rennen“, macht Trainer Müller eine simple Rechnung vor den noch folgenden Partien bei Solingen und gegen Metzingen auf.

Einfach nur stellt sich das Gewinnen gegen den Fünften am Samstag nicht dar. Eine ausgeglich­ene Besetzung, ein Luxusprobl­em auf Linksaußen, Breite in der Torgefahr und Tempo machen Blomberg zu einem Team, „das internatio­nal spielen kann“, sagte Müller vorm Fernsehspi­el. So schwer die Aufgabe ist, so reizvoll ist sie aber auch. Europa liegt ganz in der eigenen Hand.

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SASCHA FROMM / ARCHIV Johanna Reichert wird von Luisa Knippert (Oldenburg) attackiert.

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