Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Die besten Therapien bei einem Schlaganfall
In Deutschland sind jedes Jahr 270.000 Menschen betroffen. Ein Experte erklärt, was dann zu tun ist – und wie man vorbeugen kann
Berlin. Neurologische Krankheiten wie Parkinson, Alzheimer oder Schlaganfälle gelten meist als Erkrankung des Alters. In der Serie „Die Hirn-Docs“der Funke-Tageszeitungen klären fünf Experten der Deutschen Hirnstiftung über die neusten Erkenntnisse in der Neurologie auf. Besonders Schlaganfälle sind eine schwere neurologische Erkrankung und gehören zu den häufigsten Todesursachen der Deutschen. Im aktuellen Beitrag erklärt Prof. Dr.
Götz Thomalla, Experte der Deutschen Hirnstiftung, woran man einen Schlaganfall erkennt, wie man vorbeugen kann und welche Therapieformen es gibt.
Studien zufolge nimmt die Krankheitslast durch Schlaganfälle seit 30 Jahren weltweit stark zu. Die Zahl akuter Schlaganfälle stieg seit 1990 um ungefähr 70 Prozent, die Zahl schlaganfallbedingter Todesfälle um 43 Prozent. Allein in Deutschland erleiden jährlich circa 270.000 Menschen einen Schlaganfall.
Die Folgen eines Schlaganfalls können gravierend sein. Innerhalb des ersten Folgejahres verstirbt ein Viertel bis ein Drittel aller Betroffenen. Schlaganfälle sind außerdem der häufigste Grund für erworbene Behinderungen im Erwachsenenalter. Für einen Angehörigen oder Mitmenschen kann es lebensrettend sein, wenn erste Anzeichen und Symptome eines Schlaganfalls erkannt und rasch die richtigen Maßnahmen ergriffen werden. Jede Minute zählt. Typische Anzeichen können beispielsweise plötzlich auftretende Sprachstörungen, Paresen (Lähmungen) oder Taubheitsgefühl, Schwindel mit Gangunsicherheit, Sehstörungen oder auch starke Kopfschmerzen sein.
Die meisten Schlaganfälle lassen sich auch von Laien-Helfern mit dem sogenannten FAST-Test in sehr kurzer Zeit feststellen. FAST steht für Face (verzogenes Gesicht), Arms (Armhalteschwäche), Speech (Sprachstörung) und Time (Wie lange hat der Betroffene schon Symptome?). Hat der Betroffene auch nur mit einer der drei Aufgaben Probleme, ist der Notruf 112 zu wählen.
Die meisten Schlaganfälle (etwa 70 Prozent) sind ischämischer Natur. Heißt: Es kommt durch den Verschluss eines hirnversorgenden Blutgefäßes durch ein Blutgerinnsel (Thrombus) zur verminderten Durchblutung eines Hirnareals. Das kann zu Schädigungen des Gewebes und sogar zum Absterben von Gehirnzellen führen. Bei dem selteneren hämorrhagischen Schlaganfall ist eine Einblutung in das Hirngewebe die Ursache für die Beschwerden.
Lebensstil und Vorerkrankungen können beeinflusst werden
„Bei einer Behandlung in der sogenannten Golden Hour, der ersten Stunde nach Auftreten der Symptome, ist die Chance groß, dass der Schlaganfall ganz folgenlos bleibt“, erklärt Prof. Thomalla. In der Folge werden vor allem zwei Therapieverfahren eingesetzt.
Die Lysetherapie (oder auch Thrombolyse) ist ein Therapieverfahren bei verschlossenen Gefäßen. Hier werden intravenös Medikamente verabreicht, die das Blutgerinnsel auflösen oder körpereigene Abbauenzyme so aktivieren, dass das verstopfte Gefäß wieder durchlässig wird und die dahinterliegenden Bereiche wieder ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt werden können.
Insbesondere bei einem Verschluss größerer Hirnarterien steht zusätzlich zu einer Lysetherapie die sogenannte Thrombektomie zur Verfügung, bei welcher der Thrombus mechanisch aus dem Blutgefäß entfernt wird. Dabei werden meist
Katheter verwendet, die an ihrer Spitze ein Drahtgeflecht (Stent) besitzen. Diese Katheter werden so weit vorgeschoben, dass sie hinter dem Thrombus liegen. Dann wird das Gittergeflecht an der Stelle des Thrombus entfaltet, sodass sich das Gerinnsel darin verfängt.
Um geeignete Präventionsmaßnahmen umsetzen zu können, sollte jeder die Risikofaktoren kennen. Während Alter und Erbanlagen kaum veränderbar sind, können der Lebensstil und andere Vorerkrankungen beeinflusst werden. Durch einen ungesunden, inaktiven Lebensstil, also Bewegungsmangel, Rauchen, hohen Alkoholkonsum, Fehlernährung und Stress, können sich Erkrankungen wie Diabetes Typ 2, Fettstoffwechselstörungen, Adipositas, Herzerkrankungen wie Rhythmusstörungen und Bluthochdruck entwickeln. Es kommt dann zu krankhaften Gefäßveränderungen (Arteriosklerose), die einen Schlaganfall auslösen können.
Größter Risikofaktor ist der Bluthochdruck, weil er lange ohne Beschwerden unerkannt und damit unbehandelt bleibt. Über 82 Prozent aller Schlaganfall-Betroffenen hatten zuvor zu hohe Blutdruckwerte. Wer einem Schlaganfall vorbeugen möchte, sollte sein Körpergewicht normalisieren und sich mehr bewegen. Wenn dies nicht ausreicht, wird eine Therapie mit blutdrucksenkenden Arzneimitteln erforderlich.