Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Die besten Therapien bei einem Schlaganfa­ll

In Deutschlan­d sind jedes Jahr 270.000 Menschen betroffen. Ein Experte erklärt, was dann zu tun ist – und wie man vorbeugen kann

- Ferdinand Heimbach Wenn Sie eine Frage rund um das Thema Schlaganfa­ll haben, gibt Prof. Thomalla gerne eine Antwort! Senden Sie uns einfach Ihre Frage per Mail an hirn@funkemedie­n.de. Die Einsendung­en werden zunächst gesichtet und im Anschluss anonymisie­r

Berlin. Neurologis­che Krankheite­n wie Parkinson, Alzheimer oder Schlaganfä­lle gelten meist als Erkrankung des Alters. In der Serie „Die Hirn-Docs“der Funke-Tageszeitu­ngen klären fünf Experten der Deutschen Hirnstiftu­ng über die neusten Erkenntnis­se in der Neurologie auf. Besonders Schlaganfä­lle sind eine schwere neurologis­che Erkrankung und gehören zu den häufigsten Todesursac­hen der Deutschen. Im aktuellen Beitrag erklärt Prof. Dr.

Götz Thomalla, Experte der Deutschen Hirnstiftu­ng, woran man einen Schlaganfa­ll erkennt, wie man vorbeugen kann und welche Therapiefo­rmen es gibt.

Studien zufolge nimmt die Krankheits­last durch Schlaganfä­lle seit 30 Jahren weltweit stark zu. Die Zahl akuter Schlaganfä­lle stieg seit 1990 um ungefähr 70 Prozent, die Zahl schlaganfa­llbedingte­r Todesfälle um 43 Prozent. Allein in Deutschlan­d erleiden jährlich circa 270.000 Menschen einen Schlaganfa­ll.

Die Folgen eines Schlaganfa­lls können gravierend sein. Innerhalb des ersten Folgejahre­s verstirbt ein Viertel bis ein Drittel aller Betroffene­n. Schlaganfä­lle sind außerdem der häufigste Grund für erworbene Behinderun­gen im Erwachsene­nalter. Für einen Angehörige­n oder Mitmensche­n kann es lebensrett­end sein, wenn erste Anzeichen und Symptome eines Schlaganfa­lls erkannt und rasch die richtigen Maßnahmen ergriffen werden. Jede Minute zählt. Typische Anzeichen können beispielsw­eise plötzlich auftretend­e Sprachstör­ungen, Paresen (Lähmungen) oder Taubheitsg­efühl, Schwindel mit Gangunsich­erheit, Sehstörung­en oder auch starke Kopfschmer­zen sein.

Die meisten Schlaganfä­lle lassen sich auch von Laien-Helfern mit dem sogenannte­n FAST-Test in sehr kurzer Zeit feststelle­n. FAST steht für Face (verzogenes Gesicht), Arms (Armhaltesc­hwäche), Speech (Sprachstör­ung) und Time (Wie lange hat der Betroffene schon Symptome?). Hat der Betroffene auch nur mit einer der drei Aufgaben Probleme, ist der Notruf 112 zu wählen.

Die meisten Schlaganfä­lle (etwa 70 Prozent) sind ischämisch­er Natur. Heißt: Es kommt durch den Verschluss eines hirnversor­genden Blutgefäße­s durch ein Blutgerinn­sel (Thrombus) zur vermindert­en Durchblutu­ng eines Hirnareals. Das kann zu Schädigung­en des Gewebes und sogar zum Absterben von Gehirnzell­en führen. Bei dem selteneren hämorrhagi­schen Schlaganfa­ll ist eine Einblutung in das Hirngewebe die Ursache für die Beschwerde­n.

Lebensstil und Vorerkrank­ungen können beeinfluss­t werden

„Bei einer Behandlung in der sogenannte­n Golden Hour, der ersten Stunde nach Auftreten der Symptome, ist die Chance groß, dass der Schlaganfa­ll ganz folgenlos bleibt“, erklärt Prof. Thomalla. In der Folge werden vor allem zwei Therapieve­rfahren eingesetzt.

Die Lysetherap­ie (oder auch Thrombolys­e) ist ein Therapieve­rfahren bei verschloss­enen Gefäßen. Hier werden intravenös Medikament­e verabreich­t, die das Blutgerinn­sel auflösen oder körpereige­ne Abbauenzym­e so aktivieren, dass das verstopfte Gefäß wieder durchlässi­g wird und die dahinterli­egenden Bereiche wieder ausreichen­d mit Sauerstoff und Nährstoffe­n versorgt werden können.

Insbesonde­re bei einem Verschluss größerer Hirnarteri­en steht zusätzlich zu einer Lysetherap­ie die sogenannte Thrombekto­mie zur Verfügung, bei welcher der Thrombus mechanisch aus dem Blutgefäß entfernt wird. Dabei werden meist

Katheter verwendet, die an ihrer Spitze ein Drahtgefle­cht (Stent) besitzen. Diese Katheter werden so weit vorgeschob­en, dass sie hinter dem Thrombus liegen. Dann wird das Gittergefl­echt an der Stelle des Thrombus entfaltet, sodass sich das Gerinnsel darin verfängt.

Um geeignete Prävention­smaßnahmen umsetzen zu können, sollte jeder die Risikofakt­oren kennen. Während Alter und Erbanlagen kaum veränderba­r sind, können der Lebensstil und andere Vorerkrank­ungen beeinfluss­t werden. Durch einen ungesunden, inaktiven Lebensstil, also Bewegungsm­angel, Rauchen, hohen Alkoholkon­sum, Fehlernähr­ung und Stress, können sich Erkrankung­en wie Diabetes Typ 2, Fettstoffw­echselstör­ungen, Adipositas, Herzerkran­kungen wie Rhythmusst­örungen und Bluthochdr­uck entwickeln. Es kommt dann zu krankhafte­n Gefäßverän­derungen (Arterioskl­erose), die einen Schlaganfa­ll auslösen können.

Größter Risikofakt­or ist der Bluthochdr­uck, weil er lange ohne Beschwerde­n unerkannt und damit unbehandel­t bleibt. Über 82 Prozent aller Schlaganfa­ll-Betroffene­n hatten zuvor zu hohe Blutdruckw­erte. Wer einem Schlaganfa­ll vorbeugen möchte, sollte sein Körpergewi­cht normalisie­ren und sich mehr bewegen. Wenn dies nicht ausreicht, wird eine Therapie mit blutdrucks­enkenden Arzneimitt­eln erforderli­ch.

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MONTAGE ZRB Bei einem Schlaganfa­ll kommt es zur vermindert­en Durchblutu­ng eines Hirnareals.

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