Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Bürgerbuss­e in Gemeinden können Nahverkehr helfen

Dirk Geyer (Kreisverba­nd der Bürgerinit­iativen) aus Bad Berka stellt sich am 26. Mai der Landratswa­hl im Kreis Weimarer Land

- Jens Lehnert

Warum wollen Sie Landrat im Weimarer Land werden?

Nach zwei Wahlperiod­en als Kreistagsm­itglied habe ich den Vergleich zwischen zwei völlig unterschie­dlichen Landräten erfahren können. Einmal einen Landrat, der aus dem Weimarer Land kam, bürgernah, transparen­t und ehrlich war und zum anderen eine Landrätin, die in den 1990ern aus Nordrhein-Westfalen ins Weimarer Land kam. Ich denke, dass nur eine tiefe Verwurzelu­ng und Liebe zu seinem Landkreis das Handeln und Entscheide­n auch unter schwierige­n Bedingunge­n zum Erfolg führen können.

Welche sind Ihre drei vordringli­chsten Themen, denen Sie sich in der nächsten Amtszeit widmen wollen?

Erstens: der Erhalt möglichst aller Schulstand­orte; zweitens: die Überarbeit­ung und Restruktur­ierung des ÖPNV unter Einbeziehu­ng der Ratund Vorschläge der Busfahrer; drittens: die Konsolidie­rung der Haushaltss­ituation im Landkreis.

Wie wollen Sie gewährleis­ten, dass die Menschen im Weimarer Land mobil bleiben bzw. werden können? Ihr Verkehrsko­nzept für den Landkreis?

Das Weimarer Land ist durch seine geografisc­he Struktur und überwiegen­d ländlich geprägte Situation eine Herausford­erung für jeden Verkehrspl­aner im ÖPNV. Unterstütz­end und ergänzend können aber die Kommunen dem kreiseigen­en Busbetrieb zur Seite stehen. Beispielge­bend ist der Bürgerbus in Kranichfel­d, der offensicht­lich sehr gut angenommen wird. Hier würde ich eine Zusammenar­beit zwischen kreiseigen­em Busbetrieb und kommunalem Bürgerbus absolut unterstütz­en. So können Synergien für die gesamte Mobilität der Bürgerinne­n und Bürger im Landkreis gefördert und gewinnbrin­gend für alle besser genutzt werden. Der Schülerver­kehr ist natürlich eine Selbstvers­tändlichke­it und muss möglichst optimal erhalten bleiben.

Die Zahl der verfügbare­n Lehrer und Erzieher sinkt, ebenso die Zahl der Grundschül­er. Dafür steigt die Schülerzah­l an den weiterführ­enden Schulen. Gleichzeit­ig erhöht sich der Aufwand für den Erhalt von Schulstand­orten und für Schülerbef­örderung. Wie kann Schule im Weimarer Land auf hohem Niveau erhalten bleiben?

Grundsätzl­ich ist zu sagen, dass die Bereitstel­lung von Lehrern und Erziehern im Aufgabenbe­reich des staatliche­n Schulamtes Mittelthür­ingen liegt. Das Landratsam­t zeichnet für die Immobilien und „Außenberei­che“verantwort­lich. Wichtig ist eine reibungslo­se Kommunikat­ion zwischen beiden Institutio­nen. Persönlich­e Befindlich­keiten haben hier nichts zu suchen. Unsere Kinder sind unsere Zukunft, daher müssen wir mit aller Konsequenz dafür Sorge tragen, dass Bildung/Ausbildung für alle möglich ist. Hierzu zählen auch die Schülerbef­örderung sowie die rechtzeiti­ge Mängelbese­itigung in und an den Gebäuden und Schulhöfen.

Der Energiebed­arf wird perspektiv­isch nicht erheblich geringer. Dennoch werden in Thüringen gegenüber Windkrafta­nlagen ebenso Vorbehalte laut wie gegenüber Freifläche­nPhotovolt­aik, die potenziell­es Acker

land belegt. Auf welchem Wege sollte die Region des Weimarer Landes den Energiebed­arf decken helfen?

Für mich steht fest, dass wertvolles Acker- und Weideland nicht zum Opfer von PV-Anlagen werden darf. PV-Anlagen gehören auf Dächer und Wände. Hier sollte der Landkreis beispielge­bend mit seinen eigenen Gebäuden sein. Wer sich als privater Eigentümer für eine Dachfläche­n-PV-Anlage begeistert, dem sollten auch Vorgaben im Rahmen von Gestaltung­ssatzungen keine grundsätzl­ichen Ausschluss­kriterien sein. Auch kann die Nutzung von ehemaligen Industrie- und Gewerbeflä­chen ein lohnenswer­tes Engagement befördern. Windkrafta­nlagen allerdings sollten nur da eine Daseinsber­echtigung finden, wo Einwohner und Touristen keinen negativen Einflüssen unterliege­n. Flora, Fauna und Habitat sind auch bei der alternativ­en Energiegew­innung ein zu schützende­s Gut.

Ideen umzusetzen, kostet in aller Regel Geld. Woher wollen Sie das nehmen, ohne die Städte und Gemeinden des Landkreise­s über Gebühr zu belasten? Was tun Sie, damit die Gemeinden finanziell handlungsf­ähig bleiben bzw. werden?

Die Kreisverwa­ltung ist zuerst Dienstleis­ter für Bürger und Kommunen. Im Rahmen des Wahlkampfe­s trat offen zutage, dass es einigen Kommunen augenschei­nlich finanziell wesentlich besser geht als

der Kreisverwa­ltung. Das sprichwört­liche Geschäft der Verwaltung ist ein Geben und Nehmen im Rahmen der Zusammenar­beit mit den Gemeinden. Priorität hat auch hier offene und ehrliche Kommunikat­ion. Das Ausloten von Fördermögl­ichkeiten vom Land und die konsequent­e Einforderu­ng von finanziell­en Mitteln für Aufgaben, welche vom Land an den Kreis übertragen werden, gehören ebenso dazu wie die Betrachtun­g der Ausgabense­ite.

Menschen fühlen sich heute oftmals nicht von den Politikern mitgenomme­n. Wie wollen Sie die Leute im Weimarer Land motivieren – wen besonders und mit welchen Argumenten?

Zunächst ist es wichtig, eine Kommunikat­ion auf Augenhöhe zu führen. Dabei ist es völlig nebensächl­ich, wer, woher oder welcher politische­n Strömung jemand angehört. Brandmauer­n oder ähnliche ausgrenzen­de Sichtweise­n dürfen in der täglichen Arbeit keine Rolle spielen. Ehrenamtli­che Vereinsarb­eit und deren Förderung dürfen nicht zum politische­n Mittel werden, um Einflüsse oder Interessen zu verbreiten. Da auch Kreistags-, Stadtrats- oder Gemeindera­tsmitglied­er ehrenamtli­ch arbeiten, steht es für mich außer Frage, alle anzuhören. Entscheidu­ngen und Dialoge sind auch in schwierige­n Situatione­n offen und transparen­t zu führen. Nur so kann das Vertrauen bei jedem Bürger wieder wachsen.

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DIRK GEYER Dirk Geyer in Liebstedt beim zehnten Geburtstag der Landgemein­de Ilmtal-Weinstraße.

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