Thüringer Allgemeine (Sondershausen)

Fake-news-video über Ohrdrufer Wölfin: Sie wurde erschossen

Unbekannte­r mit Jagdhund erschießt drei Tiere, die aussehen wie die Thüringer Wölfin und ihre schwarzen Jungen. Die Landschaft ähnelt der Thüringeti bei Crawinkel

- Von Frank Schauka

Ohrdruf. Es ist ein verstörend­es Video von einer „Wolfsjagd“, das seit Tagen unter Naturschüt­zern und Weidetierh­altern kursiert. Die mit Heulen und Jaulen vertonten Aufnahmen zeigen, wie in nur 55 Sekunden drei Tiere, die aussehen wie die graue Thüringer Wölfin und zwei ihrer schwarzen Jungen, von einem Gewehrschü­tzen angeschoss­en und von einem Jagdhund mit rotem Halsband durch Kehlbiss getötet werden.

Woher das Video stammt, weiß niemand. Keiner kennt den Schützen. Auch der Drehort ist nicht bekannt. Und die Landschaft? Sie erweckt den Eindruck, als könnte diese Jagd in Thüringen stattgefun­den haben.

„Sieht aus wie Thüringeti“, sagt Heinz Bley, Bürgermeis­ter von Crawinkel. Die Thüringeti ist sein Projekt, es ist der Versuch einer naturnahen Landwirtsc­haft am Rande des Militärgel­ändes von Ohrdruf, wo seit einem Jahr eine Wölfin mit ihren Jungen lebt. Dort lässt Bley seine Galloway-rinder weiden, solche, wie das Video sie zeigt. „Ich habe nur nicht so viele weiße Rinder“, sagt Bley.

Die ersten drei Minuten zeigen, von einer Anhöhe aus, dies: Ein Mann, dessen Gesicht man nicht sieht, legt ein Gewehr mit Zielfernro­hr auf ein Zweibeinst­ativ. Rechts im Bild: Ein Jagdhund blickt hinab auf eine Hügellands­chaft mit Rindern.

Plötzlich erscheinen aus der Senke hinter dem Hügel vier Tiere, die wie Wölfe wirken, darunter ein grauer, der vorpirscht und dem drei schwarze folgen. Der Graue läuft nach links zu den Rindern, stoppt, blickt hoch zum Hügel, wo der Schütze lauert. Dann spurtet der Graue hinauf. Er ist noch 30 Meter entfernt, da lässt der Jäger seinen Hund angreifen. Der Graue rennt sofort zurück, ein Schwarzer eilt zu Hilfe. Er drängt den Hund zurück. Die siegreiche­n „Wölfe“strecken den Hals, recken die Schnauze und jaulen.

3 Minuten, zwei Sekunden: der erste Schuss. Der Schwarze zappelt, zittert, hüpft, als steppte er auf Strom, beißt in seinen linken Hinterlauf, in dem die Kugel bohrt. Der Hund stürzt sich vom Hügel hinab auf das Tier und zerbeißt ihm die Kehle.

Der Graue, nach dem Schuss davongeran­nt, erkennt die Not, will helfen. Den Hund will er anfallen, doch der zieht sich rechtzeiti­g zurück. Der Jäger flüstert ihm „kill him“zu, gleich fällt der zweite Schuss (3:35). Der Graue ist getroffen, doch nicht tödlich. Er windet sich. Der Hund stürzt sich auf ihn. Der zweite Schwarze wird zwölf Sekunden später auf große Distanz erschossen.

Wer das Video gedreht und in Umlauf gesetzt hat, gab sich große Mühe, den Eindruck zu erwecken, es könnte in Thüringen sein. Ein graues Tier, mehrere schwarze – wie in Thüringen, wo eine graue Wölfin mit schwarzen Mischlings­jungen lebt.

Sogar Wetter und Wolken auf dem Video sind wie in Thüringen Karfreitag. Wahrschein­lich entstand das Video am 30. März, drei Tage nachdem die Tötung von drei schwarzen Halbwölfen bekannt gegeben worden war.

Was das dann Video soll? Es soll wohl suggeriere­n, dass es eine zweite Abschussak­tion gab, bei der sogar die streng geschützte Wölfin getötet wurde.

Nach Einschätzu­ng der Hybriden-experten Christian Berge und Federico Morimando ist das jedoch so gut wie auszuschli­eßen. Das Video zeige eher Kojoten-wolf-mischlinge.

www.thueringer­allgemeine.de/wolfsvideo

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Foto: Screenshot So beginnt das „Wolfsjagd“-video, Dauer:  Minuten,  Sekunden.

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