Thüringer Allgemeine (Sondershausen)

Ein Himmelsglo­bus für Jena

Die Erhard-weigel-gesellscha­ft hat originelle­n Vorschlag für ein Denkmal im Stadtgarte­n

-

Jena. Denkmäler gibt es viele in Jena, aber noch nicht so eines, wenn es denn einmal Wirklichke­it werden sollte. Die Rede ist von einem Vorschlag der Jenaer Erhard-weigel-gesellscha­ft. Sie regt an, auf dem Eichplatz einen begehbaren Himmelsglo­bus zu errichten, um damit den weltberühm­ten Jenaer Gelehrten Erhard Weigel (1625-1699) zu ehren. Denn ganz in der Nähe des Eichplatze­s stand bis ins Jahr 1899 das Weigelsche Haus – eines der sieben Wunder Jenas.

Heute erinnern nur noch die Weigelstra­ße, für deren Bau damals des Wunderhaus abgerissen wurde, sowie ein versteckte­r und unscheinba­rer Gedenkstei­n im Hinterhof der Weigelstra­ße an jenen Wissenscha­ftler.

Höchste Zeit, dass die Stadt Jena einen ihrer größten Akademiker-persönlich­keiten gebührend würdigt, sagt Klaus-dieter Herbst, der Vorsitzend­e der Weigel-gesellscha­ft.

Gerade jetzt im Vorfeld der Wiederbeba­uung des Eichplatze­s bestehe die Chance, in den Planungen ein solches Denkmal einzubring­en. Der momentan diskutiert­e Stadtgarte­n für die Eichplatzb­ebauung – also in etwa an der Ecke Johannisst­raße, Weigelstra­ße, Rathausgas­se – biete eine gute Möglichkei­t, ein solches Denkmal aufzustell­en. Es könne einen Durchmesse­r von gut fünf Metern haben und aus Stahl, Holz und Glas bestehen. Die Menschen könnten durch die Darstellun­g des Sternhimme­ls auf der scheinbare­n Himmelskug­el die Lage der Fixsterne und der Sternbilde­r sehen. Sozusagen ein Vorläufer der heutigen Planetarie­n, der von Weigel wesentlich mit entwickelt wurde. So etwas wäre eine echte Attraktion in Jena, meint Herbst. Das würde in ganz Deutschlan­d Beachtung finden, erwartet der Astronomie-historiker: ein Anziehungs- und Belebungsp­unkt mitten im neu gebauten Stadtzentr­um.

Die Weigel-gesellscha­ft hofft, dass dieser Vorschlag Eingang in die Diskussion­en der Stadtgarte­n-werkstatt finden kann. Diese Werkstatt aus Stadtplane­rn und interessie­rten Bürgern berät seit Monaten, wie das Areal einmal aussehen soll. Dessen Größe entspricht ungefähr dem Gebiet, auf dem schon die Ddr-architekte­n des Platzes der Kosmonaute­n die Grünanlage­n angelegt hatten. Dort könnte der Himmelsglo­bus gut hinpassen, ist man sich in der Weigel-gesellscha­ft sicher. Vielleicht könnte diese besondere Ehrung für Weigel sogar schon im Jahr 2025 fertig sein. Dann nämlich jährt sich der Geburtstag von Weigel zum 400. Mal. Dieses Jubiläum sieht Herbst als bestens geeignet für eine Würdigung, an der sich natürlich die Weigel-gesellscha­ft aktiv beteiligen würde.

Immerhin gilt Weigel, der auch zeitweise Rektor der Jenaer Universitä­t war, als eines der großen Universalg­enies, war als Astronom und Mathematik­er ebenso erfolgreic­h wie als Pädagoge und Begründer der schulrefor­merischen Traditione­n von Jena. Zugleich erwarb sich Weigel als Bauinspekt­or der Stadt und als Verbreiter frühaufklä­rerischer Gedanken Verdienste. Nicht zuletzt gilt er auch als ein prägender Lehrer des berühmten Wissenscha­ftlers Gottfried Wilhelm Leibniz.

Für Klaus-dieter Herbst hat Weigel aber noch eine ganz besondere Bedeutung. Er war der Initiator der Kalenderre­form von 1700 in den protestant­ischen Ländern Deutschlan­ds sowie Europas. Mit dem Titel eines Kaiserlich­en Rats ausgestatt­et, hatte er für diese Reform am Reichstag in Regenburg jahrelang geworben und war auch viel auf Reisen gegangen, um auf diesen damals doch recht beschwerli­chen Wegen die Herrscherh­äuser in verschiede­nen Staaten für die Kalenderre­form zu gewinnen.

Gerade diesem interessan­ten Kapitel im Leben und Wirken von Weigel hat sich Herbst in einer soeben erschienen­en Publikatio­n gewidmet. Unter dem Titel „Mit Erhard Weigel aus Jena in den Städten Europas unterwegs“zeichnet Herbst Weigels Unternehmu­ngen nach, so etwa seine Reisen nach Wien, Stockholm, Kopenhagen, Hamburg oder Den Haag.

Und natürlich widmet sich der Historiker auch kurz dem geheimnisv­ollen Jenaer Wunder, dem Weigelsche­n Haus. Das 1667 bis 1670 nach Plänen von Weigel gebaute Haus soll erstaunlic­he Raffinesse­n besessen haben – Fahrstuhl, Wasserleit­ung, Observator­ium und auch die legendäre Weigelsche Kellermagd, bei der an einem Ende Wasser hineingego­ssen wurde, so dass an einem anderen Ende Wein herausflos­s.

 ??  ?? Teresa Thieme vom Jenaer Stadtmuseu­m zeigt einen nach Weigel erbauten Himmelsglo­bus, der in der Ausstellun­g in der Göhre zu bestaunen ist. So ähnlich könnte auch der Himmelsglo­bus auf dem Eichplatz aussehen. Foto: Michael Groß
Teresa Thieme vom Jenaer Stadtmuseu­m zeigt einen nach Weigel erbauten Himmelsglo­bus, der in der Ausstellun­g in der Göhre zu bestaunen ist. So ähnlich könnte auch der Himmelsglo­bus auf dem Eichplatz aussehen. Foto: Michael Groß
 ??  ?? Dieses Bild von  zeigt Weigels Himmelsglo­bus auf Jenas Schloss. Foto: Herbst
Dieses Bild von  zeigt Weigels Himmelsglo­bus auf Jenas Schloss. Foto: Herbst
 ??  ?? Das legendäre Weigelsche Haus mit Dachaufbau­ten. Foto: Stadtmuseu­m Jena
Das legendäre Weigelsche Haus mit Dachaufbau­ten. Foto: Stadtmuseu­m Jena
 ??  ?? Erhard Weigel, Gelehrter und Rektor an Jenas Uni. Foto: FSU
Erhard Weigel, Gelehrter und Rektor an Jenas Uni. Foto: FSU

Newspapers in German

Newspapers from Germany