Thüringer Allgemeine (Sondershausen)
Europa-woche im Weißen Haus
Präsident Macron und Kanzlerin Merkel treffen Trump, um ihn von Alleingängen abzubringen
Washington. Erst der pompöse und fast dreitägige Staatsbesuch von Emmanuel Macron, dann die knapp gehaltene eintägige Arbeitsvisite von Angela Merkel. Wenn sich ermessen lässt, wie viel Einfluss Europa noch auf den Kurs der unter Donald Trump unberechenbar gewordenen Supermacht USA nehmen kann, sagen Diplomaten in Washington, „dann nach dieser Woche“. Der Doppelschlag der Eu-regierungsschwergewichte aus Frankreich und Deutschland werde zeigen, ob der „Amerika zuerst“-stempel des Us-präsidenten sämtliche Themen von Handel über Syrien, Russland, Nato, Ukraine und China bis zum Atomabkommen mit dem Iran dominiert. „Oder ob das Weiße Haus konstruktiven Willens ist, gegenüber zwei wichtigen Verbündeten Konzessionen zu machen.“
Das Experiment soll am Montagabend (Ortszeit) mit einem festlichen Essen für Macron und dessen Gattin Brigitte auf dem Landsitz des ersten Us-präsidenten, George Washington, beginnen. Den Schlusspunkt setzt am Freitag Angela Merkel im Rosengarten des Weißen Hauses. Beide Europäer wollen, dass Trump die EU im Handelsstreit dauerhaft von Strafzöllen auf Autos und Stahlprodukte ausnimmt. „Man zieht nicht gegen seine Alliierten in einen Handelskrieg“, sagt Macron.
Überlagert wird der Handelsstreit jedoch klar vom Thema Iran. Trump will das Abkommen, das Teheran vom Bau einer Atomwaffe abhalten sollen, substanziell nachgebessert wissen – oder er leitet einseitig den Ausstieg ein. Das Stichdatum ist der 12. Mai. Käme es so, hat der Iran bereits die Wiederaufnahme seines Atomprojekts angedroht. Macron wie Merkel wollen Trump davon überzeugen, dass eine neue Kriegsgefahr im Nahen Osten die Folge wäre.
Auf der Arbeitsebene seien sich die USA und die EU bei dem Versuch nähergekommen, „das Atomabkommen zu ergänzen, aber nicht in seiner jetzigen Form anzutasten“. So soll gemeinsam festgestellt werden, dass die Kontroll-rechte der Internationalen Atom-energiebehörde, die über die Einhaltung des Abkommens wacht, ausgeweitet werden. Außerdem soll der Iran dazu verpflichtet werden, auch über die Laufzeit des Abkommens hinaus niemals atomar bestückbare Interkontinental-raketen zu bauen. Der „große Unsicherheitsfaktor“in dieser schwierigen Gemengelage sei aber „eindeutig“Trump, sagt ein Diplomat.