Thüringer Allgemeine (Sondershausen)

Klopp macht’s schon wieder

Der frühere Dortmunder Trainer mischt nun mit dem FC Liverpool die Königsklas­se auf. Heute gegen AS Rom

- Von Daniel Berg

Essen/liverpool. Die Besonderhe­it eines solchen Tages kennt Jürgen Klopp. Auch wenn er einräumen muss, dass ein wenig Zeit vergangen ist, seit er diese Art der Anspannung gespürt hat. „Es ist eine Weile her, dass ich zuletzt im Halbfinale war“, sagt der Trainer des englischen Spitzenklu­bs FC Liverpool, der heute (20.45 Uhr/sky) AS Rom zum Halbfinal-hinspiel in der Champions League empfängt. Zwei Spiele noch bis zum Finale, bis zum größten Spiel, das der europäisch­e Vereinsfuß­ball hergibt. Klopp kennt das. 2013 führte er Borussia Dortmund bis ins Endspiel, als er die Prominenz der Königsklas­se aufmischte. Parallelen zwischen damals und heute sind offensicht­lich. Klopp macht‘s schon wieder. Im Herbst 2015 unterzeich­nete der 50-Jährige einen Dreijahres­vertrag beim straucheln­den englischen Klub, der in der eigenen Wahrnehmun­g stets und immer ein Spitzenklu­b war und sein wird. Einer von Klopps ersten Sätzen: „Ich bin ziemlich sicher, dass wir einen Titel gewonnen haben werden, wenn wir in vier Jahren hier sitzen.“Dass es nun ausgerechn­et die größte aller Trophäen ist, die in dieser Saison noch in Reichweite ist, macht diesen Abend noch ein bisschen reizvoller. An eine solche Chance hätte vor der Saison so wenig jemand geglaubt, wie es damals in Dortmund war.

Aber Klopp machte in beiden Fällen aus einem respektier­ten Traditions­klub eine mitreißend­e Überraschu­ngsmannsch­aft. Ein Team, das Europa erobert, das mit seinem aufregende­n Stil an einen Actionfilm in Hollywood erinnert: wuchtig, spannend, kurzweilig. Und weil mal Schwarz-gelb war, was nun Rot ist, blickt man in Dortmund hoffnungsf­roh, aber auch wehmütig dem Ex-trainer hinterher. Bvb-geschäftsf­ührer Hans-joachim Watzke schickte Klopp jüngst eine Videobotsc­haft in eine Fernsehsen­dung. Da hieß mes: Viel Glück im Halbfinale, Dortmund ist stolz auf dich.

Damals wusste das hoch dekorierte Real Madrid kaum, wie ihm geschah, als Klopp seine Bvb-mannschaft losließ und sie mit einem 4:1-Heimsieg schon im Halbfinal-hinspiel fast alles klar machte. Der Favorit war geschlagen. Die Geschichte wiederholt­e sich nun, nur schon im Viertelfin­ale. Der in der Liga enteilte englische Meister Manchester City, Mitfavorit auf den Champions-league-titel, wurde in den ersten 30 Minuten des Hinspiels in einen solchen Schlaghage­l verwickelt, das der Schaden nicht mehr zu reparieren war. 3:0 stand es für Liverpool im Heimspiel. Die „Reds“sind als einziges Team im Wettbewerb noch ungeschlag­en, keine Mannschaft erzielte zudem mehr Tore. Klopps Lust auf Offensive begeistert mal wieder Europa. Neu ist für den deutschen Trainer aber, dass der Widersache­r die fast noch größere Überraschu­ngsmannsch­aft ist, weil sie den FC Barcelona nach einem 1:4 im Hinspiel in einem denkwürdig­en Rückspiel mit 3:0 doch noch ausschalte­te.

Wie damals in Dortmund ist es Klopp auch in Liverpool auf beeindruck­ende Weise gelungen, einen emotionale­n Klub, sein Umfeld, die Entscheidu­ngsträger und vor allem die Mannschaft zu einer Einheit zu formen. Natürlich hätten sie Qualität, sagt Klopp. An Geld fehlt es in Liverpool, anders als damals in Dortmund, nicht. Beispiel: Die Verpflicht­ung des niederländ­ischen Innenverte­idigers Virgil van Dijk im Winter für atemberaub­ende 75 Millionen Pfund (87,4 Millionen Euro)..

Aber Klopp verweist auch auf einen enormen Teamgeist, auf eine vergleichs­weise junge Mannschaft, die ihre besten Jahre noch vor sich hat, die einen solchen Abend zum ersten Mal erlebt. „Wir sind solche Abende nicht gewohnt – im besten Sinne“, sagte Klopp einen Tag vor dem Anpfiff und hofft, dass die Lust den Druck überwiegt. „Das sind sehr spezielle Momente, wenn man die nicht genießen kann, ist was falsch mit dir“, sagt Klopp, der damals mit dem BVB im Finale dem FC Bayern München mit Trainer Jupp Heynckes unterlag. Es ist eine hübsche Pointe des Schicksals, dass die Heynckes-bayern erneut der Final-gegner sein könnten.

BVB-CHEF Watzke wünscht viel Glück

 ??  ?? Zufriedene­s Lächeln: Liverpools Trainer Jürgen Klopp nach dem Einzug ins Halbfinale der Champions League gegen den Favoriten Manchester City. Foto: imago
Zufriedene­s Lächeln: Liverpools Trainer Jürgen Klopp nach dem Einzug ins Halbfinale der Champions League gegen den Favoriten Manchester City. Foto: imago

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