Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Intershop weiter in den roten Zahlen
Umstellung des Geschäftsmodells kostet kurzfristig Umsatz und Gewinn, soll aber langfristig die Lage bessern. Vertriebsvorstand muss gehen
JENA. Der Jenaer Softwareentwickler und -dienstleister Intershop-communications AG trennt sich einmal mehr von einem seiner Vorstände. Axel Köhler, der im September 2015 zum Vertriebsvorstand aufgestiegen war, wird das Unternehmen verlassen. Sein noch bis Mitte nächsten Jahres laufender Vertrag wird nicht verlängert, über eine vorzeitige Auflösung soll demnächst entschieden werden. Die Aufgaben sollen von den beiden anderen Vorständen Jochen Wiechen und Markus Klahn übernommen werden, sagte Vorstandschef Wiechen im Gespräch mit unserer Zeitung.
Umbruch hat schneller begonnen als erwartet
Einen Zusammenhang mit den Ergebnissen des ersten Halbjahres verwies Wiechen ins Reich der Spekulationen. Grundsätzliche Meinungsverschiedenheiten über die Ausrichtung des Unternehmens habe es nicht gegeben.
Intershop befindet sich mitten in einem erneuten Umbruch und musste daher in den ersten sechs Monaten des Jahres Einbußen beim Umsatz und Gewinn hinnehmen. Wo im Vorjahr noch Umsatzerlöse von 18 Millionen Euro verbucht werden konnten, waren es von Januar bis Ende Juni 2018 nur noch 16 Millionen Euro. Unterm Strich stand auch kein positives Ergebnis, sondern ein Minus von etwa zwei Millionen Euro vor Zinsen und Steuern. Immerhin, dank Kapitalerhöhung im Frühjahr hat man genügend Geld zur Verfügung, um schwierige Monate zu überstehen.
Eigentlich war für dieses Jahr noch auf der Hauptversammlung Mitte Mai am Ende ein leichtes Plus vorgesehen. Diese positive Prognose kassierte das Unternehmen erst vor wenigen Tagen. Vorstandschef Wiechen sieht es positiv: Der Umbruch des Unternehmens verlaufe schneller als noch vor Wochen erwartet. Mehr Kunden als erwartet hätten sich für das neue Commerce-as-a-service-modell entschieden. Dabei wird keine Intershop-lizenz für einen sechsstelligen Eurobetrag verkauft, sondern der Kunde kauft die Intershop-dienste über eine monatlich zu zahlende Vergütung ein, individuelle Anpassungen gehören dazu. Unmittelbar fließt dann deutlich weniger Umsatz – der allerdings geht über einen Zeitraum von mehreren Jahren immer wieder konstant bei den Jenaern ein.
Wiechen erläuterte, man habe für das neue Geschäftsmodell im ersten Halbjahr sechs neue Kunden gewinnen können, im gesamten vergangenen Jahr waren es acht. „Aber kurzfristig leidet der Umsatz“, so Wiechen. Langfristig profitiert man wiederum, so der Tenor. Zu den Kunden zählen in erster Linie Händler, die sich an Geschäftskunden richten – auch hier dominiert längst die Vorliebe von Einkäufern, dass ihr Einkaufserlebnis eher so aussieht wie bei Zalando oder Amazon.
Die Zahl der Mitarbeiter hat sich gegenüber Dezember 2017 kaum verändert. Damals lag man bei 338, inzwischen sind es 340, wobei Wiechen nach wie vor einen harten Wettbewerb zwischen den Jenaer Unternehmen der Branche ausmacht. „Der Bedarf ist viel höher als die
Zahl der Absolventen, die aus den Hochschulen kommen“, sagte er. Die Rekrutierung über Werkstudenten ist aus Wiechens Sicht der Königsweg, auch wenn der Bedarf so nicht gedeckt wird. Dennoch fördert man Studiengänge und Professoren, denn jeder Absolvent wird gebraucht. Auch am jüngst ins Leben gerufenen Ausbildungsberuf „Kaufmann im Ecommerce“zeigt Intershop Interesse.