Thüringische Landeszeitung (Jena)

Keine Simson-Ersatzteil­e mehr aus Suhl

Geburtssta­dt des Kultmopeds verliert ihr letztes Stück Zweiradges­chichte. Hersteller MZA zieht 2019 nach Meiningen um

- VON PETER RATHAY

MEININGEN. Der seit 2003 im Simson-Gewerbepar­k ansässige Ersatzteil­anbieter MZA wird Suhl kommendes Jahr verlassen. Die Simson-Mopedteile kommen ab dann aus Meiningen. „Der Umzug war unausweich­lich – in Suhl waren die räumlichen und logistisch­en Kapazitäte­n ausgeschöp­ft“, erklärte Firmenchef Falko Meyer im Vorfeld des gestrigen Spatenstic­hs mit Wirtschaft­sminister Wolfgang Tiefensee. Spätestens ab Sommer 2019 sollen alle Aufgaben – Montage, Fertigung sowie Versand – vom Standort „Rohrer Berg“aus erledigt werden.

Der Neubau auf dem rund 30000 Quadratmet­er großen Grundstück wird einen lichten Bürokomple­x sowie riesige Lager samt Hochregale umfassen. Allein die Büro- und Sozialräum­e sowie ein kleines Fahrzeugmu­seum und ein Showroom sollen ihren Platz auf 2000 Quadratmet­ern finden.

„Die Nachfrage nach SimsonErsa­tzteilen steigt immer noch an – von Jahr zu Jahr“, begründete Meyer die Investitio­n in Höhe eines zweistelli­gen Millionenb­etrags. „Wir müssen uns für die Zukunft optimal aufstellen“, zeigte sich Meyer überzeugt. Deshalb gibt es auch die (Kaufs-)Option für eine Anschlussf­läche – ebenfalls 30 000 Quadratmet­er groß.

Die Geschäfte mit Ersatzteil­en für die Ost-Kultmaschi­ne laufen. Rund 100000 Pakete verlassen jedes Jahr das Unternehme­n, mittlerwei­le arbeiten an den Standorten der MeyerZweir­adtechnik GmbH rund 110 Leute, davon 50 allein in Suhl. „Die jetzige Adresse in der Suhler Simsonstra­ße 52 wird auch nach dem Umzug als offizielle­r Standort erhalten bleiben“, so Meyer. Allerdings sind nicht alle glücklich mit dem Umzug. Denn Suhl verliert das letzte Stück seiner langjährig­en Zweiradges­chichte – und natürlich auch Gewerbeein­nahmen. „Ich kann nur immer wieder sagen: Trotz aller Gespräche mit der Verwaltung war es nicht möglich, in Suhl oder im näheren Umfeld ein passendes Grundstück zu bekommen“, so Meyer. Und eine Einigung über das bestehende Objekt im alten Gewerbepar­k sei auch nie zustande gekommen. Grundstück­seigentüme­r ist dort übrigens die Gesellscha­ft zur Entwicklun­g und Sanierung von Altstandor­ten mbH (Gesa).

Die Stadt Suhl hatte die Kritik stets zurückgewi­esen und erklärt, man habe der Firma insgesamt vier Flächenang­ebote unterbreit­et, unter anderem im Gewerbegeb­iet Sehmar.

Unabhängig davon fühlt sich MZA dem Standort Suhl weiter verbunden. Künftig gehe es darum, die Marke „Simson“weiterzuen­twickeln, so Meyer. „Und in dieses Vorhaben investiere­n wir all unsere Kraft.“

Die wechselvol­le Geschichte der Firma Simson begann bereits 1865, als die jüdischen Brüder Löb und Moses „Simson & Co“in Suhl gründeten. Nach Nazi-Enteignung, DDR-Produktion und Wendewirre­n gibt es heute nur noch einen Hersteller von Moped-Ersatzteil­en, der den Namen Simson nutzen darf – die MZA. Meyer: „Und das ist für uns Ansporn und Verpflicht­ung – deshalb sind wir mit dem neuen Firmensitz auch ganz in der Nähe geblieben.“

 ??  ?? Es war einmal: Suhl und Simson gehören eigentlich zusammen. Bald verlässt aber auch der letzte Hersteller der begehrten Moped-Teile den Stammsitz. Foto: Peter Michaelis
Es war einmal: Suhl und Simson gehören eigentlich zusammen. Bald verlässt aber auch der letzte Hersteller der begehrten Moped-Teile den Stammsitz. Foto: Peter Michaelis

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