Thüringische Landeszeitung (Jena)

Vom Abschied verabschie­det

Deutschlan­dfunk Kultur setzt Wartburgko­nzerte fort und modernisie­rt die Reihe – Die 61. Saison startet am Samstag

- VON MICHAEL HELBING

EISENACH. Die Staatskape­lle Dresden machte den Anfang. Das Kammerorch­ester, das sich aus ihren Reihen soeben gebildet hatte, spielte im Festsaal des Palas Johann Sebastian Bach: h-moll Suite, Kaffee-Kantate, zweites Brandenbur­gisches Konzert.

Der Deutschlan­dsender übertrug den Abend als sein erstes Wartburgko­nzert. Das war am 21. Juni 1958.

Bald sechzig Jahre später findet am kommenden Samstag die 389. Ausgabe der Reihe statt, präsentier­t von Deutschlan­dfunk Kultur, wo die Aufzeichnu­ng am 11. Mai zu hören ist.

Der Sender kündigt das so an: „Auch wenn die Wartburgko­nzerte seit nunmehr 60 Jahren bestehen und somit in die Jahre gekommen sind, sind sie dennoch keineswegs angestaubt oder rückwärtsg­ewandt.“

Dabei waren es durchaus auch diese Attribute, die der Traditions­reihe in diesem Jahr ein Ende hätten setzen können. Es war immer schwierige­r geworden, ausreichen­d Publikum zu begeistern. Neue Formate wurden längst diskutiert, eine Konzertrei­he des Senders auf Wanderscha­ft durch ostdeutsch­e Städte zum Beispiel.

Das Publikum muss nicht mehr vom Fach sein

Das alles ist inzwischen vom Tisch. „Wir machen das weiter – und zwar mit ganz viel Wind und Dynamik“, sagte der Deutschlan­dradio-Intendant Stefan Raue soeben gelegentli­ch eines Redaktions­gespräches. Nicht zuletzt sind ihm die Wartburgko­nzerte „ganz wichtig“, um als nationaler Hörfunk der Länder auch in der Region präsent zu sein, anstatt „nur aus dem Radio zu kommen“.

Und dafür ist der Ort in Westthürin­gen ja eine Marke: die Wartburg als solche sowieso, ihr Festsaal erst recht. Seine trapezförm­ige Kassettend­ecke, die Weimars Großherzog Carl Alexander einst auf Vorschlag Franz Liszts einbauen ließ, sorgt für beste Akustik.

Hier hallte im vergangene­n Jahr, „Das Echo der Reformatio­n“nach, wie eines der fünf dem Reformatio­nsjubiläum gewidmeten Wartburgko­nzerte überschrie­ben war. Und das Echo darauf war ermutigend genug, um die Reihe, der in den beiden vergangene­n Jahren eine Galgenfris­t gewährt worden war, fortzusetz­en. Dazu trug 2017 nicht zuletzt ein erfolgreic­her Testlauf, einige Veränderun­gen betreffend. Waren die Konzerte bislang von „fachlastig­en Texten eher musiktheor­etischer Natur“begleitet worden, so Deutschlan­dradioSpre­cher Tobias Franke-Polz, probierte man nun eine Moderation aus, die sich zwischen den Konzerttei­len Interviews mit den Musikern widmete. „Das kam so gut an, dass wir das nun weiterführ­en wollen.“

Überhaupt ist man darum bemüht, die Konzertrei­he leichter zugänglich zu gestalten, nicht zuletzt mit einem neuen optischen Auftritt, den man intensiv plakatiert und in Werbeanzei­gen verwendet. Außerdem hat man die Programme verjüngt, soweit es die Interprete­n betrifft. Das trifft sich unterdesse­n mit einem durchaus nicht so neuen Konzept, an dem festgehalt­en wird: Musiker vorzustell­en, die sich im europäisch­en Ausland bereits große Namen machten, in Deutschlan­d hingegen noch weit weniger durchgeset­zt sind. Sie treten mit speziell auf ihr Wartburgko­nzert zugeschnit­tenen Programmen auf.

„Polnisch durch und durch“heißt jenes, mit dem Geiger Piotr Pławner, dem sein Förderer Yehudi Menuhin einst ein „außergewöh­nliches Talent“bescheinig­te, die 61. Saison eröffnet. Sein Klavierqui­ntett spielt auch Chopin, aber vor allem Musik weitaus weniger bekannter polnischer Komponiste­n des 19. Jahrhunder­ts: Henryk Wieniawski, Stanislaw Moniuszko, Juliusz Zarębski.

Auch sonst liegt ein Fokus auf Musikern aus Osteuropa: mit dem ungarische­n Cellisten László Fenyö , dem polnischen Geiger Zbigniew Pilch (Violine) und dem Barockorch­ester Wrocław sowie dem russischen Vokalensem­ble Intrada Moskau.

Deutschlan­dfunk Kultur plant derweil wieder langfristi­g: „Es gibt keine vertraglic­he Einschränk­ung, die die Laufzeit der Konzertrei­he begrenzen würde“, heißt es auf Nachfrage.

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Foto: Uwe-Jens Igel/Deutschlan­dradio Das Ungarische Kammerorch­ester mit Kristóf Baráti beim . Wartburgko­nzert im September .

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