Thüringische Landeszeitung (Weimar)
CDU soll sich klar von AfD abgrenzen
Altministerpräsident hat Landtagswahl im Blick
Der ehemalige Thüringer Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) hat sich mit Blick auf das Landtagswahljahr 2019 für eine klare Abgrenzung gegenüber der AfD ausgesprochen. „Im Grundsatz ist es für mich selbstverständlich, dass die CDU und alle anderen demokratischen Parteien mit der AfD nichts zu tun haben“, sagte er. „Wenn man gemeinsam sagt, dass dies auch für die Zeit nach 2019 gilt, dann spart man sich unnütze Spekulationen und gegenseitige Unterstellungen im Wahlkampf“, so Vogel weiter.
Nach der Landtagswahl 2014 war dem CDU-Landtagsfraktionschef Mike Mohring vorgeworfen worden, intern eine Kooperation mit der Landtagsfraktion der AfD erwogen zu haben, um die Wahl von Bodo Ramelow (Linke) zum Ministerpräsidenten zu verhindern. Mohring, jetzt auch Landesparteivorsitzender, hat Medienberichte dazu stets zurückgewiesen. (md)
Seit Dezember ist er 85, aber das Alter hat Bernhard Vogel nie viel ausgemacht. Der einzige doppelte Altministerpräsident Deutschlands (Thüringen, Rheinland-Pfalz) ist weiter ehrenamtlich aktiv. Wir sprachen mit ihm in Erfurt über die politische Lage in Bund und Land.
Herr Vogel, die große Koalition regiert. Zufrieden?
Erst einmal: Ich hatte wirklich gehofft, dass nicht wieder ein Bündnis der beiden Volksparteien notwendig ist. In einer solchen Konstellation droht automatisch die Schwächung der parteipolitischen Profile. Dies wiederum führt dazu, dass an den Rändern, links wie rechts, radikale Gruppen gestärkt werden. Große Koalitionen sollten daher die Ausnahme bleiben: Für die Situationen, in denen es schlicht nicht anders geht.
Die Thüringer CDU hat wieder einen Regierungsposten im Bund, wenn auch in der zweiten Reihe. Doch was kann Christian Hirte als OstBeauftragter wirklich erreichen?
Ich habe mich über die Berufung von Christian Hirte sehr gefreut. Ich kenne ihn schon lange, er wird das prima machen. Das Amt ist nicht immer gut ausgefüllt worden, deshalb halten es einige für überflüssig. Doch es ist notwendig, so lange, bis sich die durchschnittlichen Lebensverhältnisse in Ost und West angeglichen haben.
Aber geht es nicht um mehr? Der Zulauf zu Pegida und zur AfD haben die alte, emotional
„Nur RotRotGrün in Thüringen hat keine Mehrheit mehr. Für eine CDUSPDKoalition mit Grünen oder Liberalen könnte es reichen. “
Bernhard Vogel, AltMinisterpräsident
aufgeladene OstWestDebatte wieder neu beginnen lassen.
Ich hatte nicht erwartet, dass die Unterschiede in der Mentalität so ausdauernd sind. Aber auf der anderen Seite überrascht es mich auch nicht wirklich. Es gab nun mal 40 Jahre lang zwei Staaten in Deutschland – eine Demokratie und eine Diktatur – die darüber hinaus feindlichen politischen
Blöcken angehörten. Und es gab danach für mehrere Jahre in jenem Teil, der eine Diktatur war, einen Umbruch in nahezu allen Lebensbereichen, der bis heute nachwirkt. Auflösen wird sich diese Situation erst, wenn nur noch Menschen in Deutschland leben, die bewusst die DDR und die alte BRD nicht mehr erlebt haben.
Zurück zur großen Koalition: Aus Sicht vieler droht jetzt erst recht das Erstarken der AfD bei der Landtagswahl 2019. Bereitet Ihnen das auch Sorge?
Thüringen ist Teil der Bundesrepublik. Daraus folgt: Eine handlungsfähige Bundesregierung ist auch gut für den Freistaat. Und: Wenn diese Bundesregierung erfolgreich ist, wird das auch den beiden Landesparteien von CDU und SPD nützen.
Ist Ausgrenzen der AfD wirklich die Lösung?
Es geht um Abgrenzen, nicht um Ausgrenzen. Und es geht um die Führung der AfD und das Programm der AfD, nicht um deren Wähler. Wir wissen aus vielen Analysen, dass die allermeisten Menschen aus Unzufriedenheit und Verdrossenheit über die etablierten Parteien die AfD gewählt haben – und nicht, weil sie deren Programm oder Funktionäre gut finden. Die Ängste und Sorgen der Menschen gilt es ernst zu nehmen und auf ihre Berechtigung zu prüfen. Das hat nichts mit dem Anbiedern an die AfD zu tun, sondern mit Respekt vor dem Wähler.
Wenn es 2019 für keine der bisher bekannten Koalitionsmöglichkeiten reicht, wäre dann auch eine Kooperation Ihrer CDU mit der Linken denkbar?
Das steht mir alles zu sehr im Konjunktiv. Wenn ich mir die aktuellen Umfragen anschaue, hat nur Rot-Rot-Grün in Thüringen keine Mehrheit mehr. Für eine CDU-SPD-Koalition mit Grünen oder Liberalen könnte es aber reichen.
Aber höchstens sehr knapp. Und wenn nicht? Fällt dann das linke Tabu?
Grundsätzlich gilt: Nach der Landtagswahl sind alle Partner – außer der AfD – verpflichtet, dem Land zügig zu einer handlungsfähigen Regierung zu verhelfen. Da müssen sich alle an einen Tisch setzen. Auch hier gilt: Erst das Land, dann die Partei.
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