Leicht wie Keramik, härter als Stahl
Keramik gehört zu den ältesten künstlichen Werkstoffen der Menschheitsgeschichte. Funde lassen vermuten, dass keramische, also anorganische nichtmetallische Werkstoffe, schon vor 25.000 Jahren genutzt worden sind. Dazu zählen beispielsweise Steingut, Terrakotta und Porzellan. Aber die Tonware ist nicht nur etwas für Haushalt und Museum, Keramik wird vermehrt in Hightech-Komponenten als leistungsfähigere Alternative zu Stahl eingesetzt. So produziert die Motion Technology Company Schaeffler Kugeln für hochpräzise Wälzlager für Zukunftsbranchen wie etwa Windenergie, Luft- und Raumfahrt und nahezu alle elektrifizierten Anwendungen aus Keramik statt Stahl.
Solche technische Keramik zeichnet sich durch extreme Härte, geringe Masse, Beständigkeit gegenüber hohen Temperaturen, Chemikalien und hohe Verschleißfestigkeit, geringe Reibung gegen Stahl sowie ihre ausgezeichneten elektrischen Eigenschaften bezüglich Isolation und Durchschlagfestigkeit aus. Diese Eigenschaften machen Keramik schon heute zu einem Werkstoffliebling in Branchen wie Windkraft und Solartechnik, Brennstoffzellen, Chemische Industrie, Elektrotechnik, Hochtemperaturtechnik, Luft- und Raumfahrt, Maschinenbau, Mikrosystemtechnik oder auch Medizintechnik.
Die Werkstoffeigenschaften von Keramik sind untrennbar mit den Herstellungsschritten verbunden, bestehend aus Aufbereitung des Pulvers,
Formgebung und Brand. Durch unterschiedliche Brennverfahren und Brennatmosphären sowie durch die Korngröße und Brenntemperatur lassen sich verschiedenste Eigenschaften des gleichen Stoffgemisches erzielen.
Durch die Weiterentwicklung des EigenschaftsMikrostruktur-Verständnisses entstehen im Bereich der Keramik immer wieder neuartige Werkstoffkonzepte. Neben Faserverbundstoffen gewinnen hybride Kompositen auf Basis von Keramik-Metall-Polymer-Kombinationen immer mehr an Bedeutung. Schaeffler Special Machinery, der Sondermaschinenbau der Schaeffler Gruppe, hat jüngst ein neuartiges System für Multimaterial3D-Druck vorgestellt, das Teile in einer Materialkombination aus Metallen und Keramiken fertigen kann. „Die Lösung ermöglicht Kunden innovative Materialkombinationen, neue Funktionsintegration in Bauteile und Werkzeuge sowie höhere Flexibilität bei der Gestaltung von Produkten und Werkzeugen“, sagt Bernd Wollenick, Senior Vice President Schaeffler Special Machinery.
Es zeichnet sich ab, dass Keramik auch ein Schlüsselelement in der Entwicklung kleinerer, leichterer, sicherer und leistungsstärkerer FeststoffAntriebsakkus sein wird und damit entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung der E-Mobilität nehmen könnte. Bei der Feststoffbatterie fungiert eine dünne keramische Schicht gleichzeitig als Festelektrolyt und Separator. Bisher erforderte der Sinterprozess für die Fertigung der Keramik-Elemente aber Temperaturen von über 1.000 °C. Das verursachte bislang technische Probleme und trieb Energieverbrauch und Preis in die Höhe. Ein neues, von Forschenden des Massachusetts Institute of Technology (MIT) und der TU München entwickeltes Syntheseverfahren kommt aber mit 500 °C aus und könnte so ein wichtiger Türöffner für den Markteintritt von Keramik-Feststoffbatterien mit Reichweiten von über 1.000 Kilometern sein.