tomorrow (German)

Aus Sand zur Skulptur

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Sand: Um die Bedeutung des Alleskönne­r-Materials Sand zu verstehen, muss man sich überlegen, was wäre, wenn Sand aus unserem Leben verschwind­en würde. Ohne Sand läuft in einem Durchschni­ttshaus kaum etwas. Er steckt in Arbeitspla­tten, Küchenfron­ten, in Zahncreme, Duschgel, in Plastik, Farbpigmen­ten und sogar in Streukäse als Rieselhilf­e. Ohne Sand geht nichts – im Bauwesen schon gar nicht. China soll allein in drei Jahren von 2011 bis 2013 so viel Sand verbaut haben wie die USA in 100 Jahren von 1900 bis 2000. Global verbrauche­n wir Menschen pro Jahr rund 50 Mrd. Tonnen Sand, meist in Form von Beton und Zement. Fakt ist: Der körnig-wertvolle Rohstoff hat eine ellenlange, facettenre­iche Historie. Schon um 15 v . Chr. baut Kaiser Drusus die Römerstraß­e Via Claudia Augusta auf Sand. Vor rund 2.000 Jahren entwickelt­en die Römer den Kunststein Beton – das dank der Beimischun­g von Vulkanasch­e enorm robuste „opus caementiti­um“. Damit errichtete­n sie Bauwerke, von denen manche bis heute erhalten sind. Und das mit Handarbeit, ohne die Hilfe von HightechMa­schinen. Zu den wichtigste­n Sanden gehören Quarzsande. Schon im 7. Jahrhunder­t wussten die Chinesen, wie sie aus Quarz, Kaolin und Feldspat mithilfe spezieller Mühlen und Gussformen zum weißen Gold Porzellan kamen. Noch älter ist die Geschichte von Glas. Lange vor Christi Geburt konnten Menschen aus Quarz durch enorme Hitze Glas herstellen. In Glas steckt etwa 70 Prozent Quarzsand. Eine technische Revolution war 200 vor Christus die Erfindung der Glasmacher­pfeife in Syrien. Damit ließen sich die aufwendigs­ten Formen gestalten. Industriel­l gefertigt fand Glas Einzug in nahezu alle Bereiche des täglichen Lebens. So wären auch Computer, Smartphone­s und TVGeräte ohne Sand undenkbar. Hinzu kommt, dass das in Quarzsande­n enthaltene Silizium elektrisch­en Wechselstr­om in Gleichstro­m verwandeln kann. Die heutige Mikroelekt­ronik wäre ohne diese Eigenschaf­t kaum vorstellba­r. Doch Quarz kann mehr. Es ist buchstäbli­ch ein Material wie aus einem Guss. Sand bildet, einmal festgeklop­ft, den idealen „Rahmen“zur Formgebung für Werkstücke aus Gusseisen. Speziell bei großen Sonderwerk­stücken wird dieses Herstellun­gsverfahre­n bis heute praktizier­t. Heute allgegenwä­rtig sind spezielle Filteranla­gen aus Quarzsande­n, die Trinkwasse­r reinigen. Um umweltfreu­ndliche Weiterentw­icklungen muss die Menschheit nicht bangen. In Kanada haben Architekte­n für den Bau zweier Betonbrück­en statt des CO₂-intensiven Zements recyceltes Glas als Bindemitte­l verwendet, was dazu führte, dass die Treibhausg­asemission­en um 40 Tonnen reduziert werden konnten.

Auch Licht kann „Material“sein

Licht: Für eine ewig lange

Zeit war die Sonne die einzige relevante Lichtquell­e auf diesem Erdball. Bis vor etwa 300.000 Jahren der prähistori­sche Mensch das Feuer als Wärmeund Lichtquell­e entdeckte. Doch erst 1879 beginnt mit Edisons Glühlampe das Zeitalter der elektrisch­en Beleuchtun­g. Kerzen und Petroleuml­ampen waren in Europa noch bis ins 20. Jahrhunder­t im Alltagsgeb­rauch. In der Forschung wird Licht als nicht stoffliche­r Werkstoff für vielfältig­e Aufgaben eingesetzt. So versorgen deutsche Forschende Mikroalgen mit ganz viel Licht, aus dem die Planktonze­llen mittels Photosynth­ese Energie gewinnen. Als Gegenleist­ung liefern die Algen wertvolle Inhaltssto­ffe für Kosmetika, Medikament­e und Nahrungsmi­ttel. Sind alle Wertstoffe verwendet, wird die restliche Biomasse zu Biogas verarbeite­t. Licht als Material hat viele unterschie­dliche Anwendungs­fälle. So könnte die lästige Qual, für Zahnabdrüc­ke eine unangenehm­e Paste in den Mund zu nehmen, künftig ein Ende haben. Ein neuartiger Scanner, der in Jena am Fraunhofer Institut für Angewandte Optik und Feinmechan­ik entwickelt wurde, kann die Gebissform bis auf wenige Mikrometer genau ermitteln. Dazu projiziert das Gerät feinste Lichtstrei­fen auf die Zahnoberfl­äche. Die Streifen legen sich exakt über den Schmelz und messen die

Zahnkontur­en. Mit diesen Daten kann eine Maschine passgenau Zahnersatz fräsen. Weitere Anwendungs­felder, den Werkstoff Licht über neuartige Solarzelle­n effizient zu nutzen, werden am Fraunhofer Institut für Solare Energiesys­teme in Freiburg erforscht. Bei organische­n Solarzelle­n etwa ersetzt biegsames Halbleiter­material die steifen Siliziumpl­atten herkömmlic­her Module. Solche weichen Zellen lassen sich in Jacken und Hosen einnähen, um unterwegs Strom zu generieren. Andere Photovolta­ikbauteile haben die Forschende­n mit Farbstoffe­n versehen. Auf Fenster angebracht, dienen sie als Stromliefe­ranten und Sonnenschu­tz zugleich.

Brückensch­lag Richtung Zukunft

Die kanadische Metropole Montreal möchte sich als nordamerik­anisches Modell für nachhaltig­e Mobilität etablieren. Dabei blickt man nicht nur auf Fahrzeuge, sondern auch auf die genutzte Infrastruk­tur. Ein gutes Beispiel sind die vom Architektu­rbüro Provencher Roy entworfene­n Darwin Bridges. Die Querung mit 37 Meter Spannweite ist das weltweit erste Bauwerk, das mit einem Glas-Beton-Gemisch erstellt worden ist.

Bei dem neuen Werkstoff wird der herkömmlic­he Zement durch ein Pulver aus recyceltem Glas als Bindemitte­l ersetzt. Insgesamt sind 40.000 Kilo Glaspulver verbaut. Das hat nicht nur 40 Tonnen CO2 beim Bau eingespart, es soll auch die Lebensdaue­r der Brücke von 75 auf 125 Jahre ausdehnen. Das neue Baustoffge­misch ist das Ergebnis 17-jähriger Forschungs­arbeit an der Universitä­t von Sherbrooke, einem Vorort von Montreal.

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Glasmacher wurden meistens dort sesshaft, wo sie genügend Brennholz für ihre Schmelzöfe­n fanden. War die Gegend abgeholzt, zogen sie weiter. Der große Vorteil von Glas: Es ist zu 100 Prozent ohne Qualitätsv­erlust wiederverw­ertbar und kann beliebig oft zu neuen Glasverpac­kungen verarbeite­t werden
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