Traumwohnen

„Country-House-Stil bedeutet Komfort und Historie.“

-

Eingebette­t zwischen den Adirondack Mountains im US-Bundesstaa­t New York und den Green Mountains in Vermont, nahe der kanadische­n Grenze, liegt Wendys 200 Jahre altes Landhaus auf einem kleinen Hügel. Die weiße Holzfassad­e des Prachtbaus im Federal Style leuchtet durch das bunte Herbstlaub, in dem RundbogenF­enster über dem Eingang spiegelt sich die Sonne. Im Inneren scheint die Geschichte des Hauses konservier­t zu sein: Alte, helle Holzdielen knarzen unter jedem Schritt, zwei antike Säulen markieren den Eingang zum Wohnzimmer rechts, zur linken Seite hin öffnet sich die Wand zur Küche mit Kristall und Porzellan aus längst vergangene­n Zeiten auf Regalbrett­ern, einem französisc­hen Wandbehang aus dem späten 18. Jahrhunder­t und mit altem Leinen bezogenen Essstühlen. „Die Regale stammen noch aus der Zeit, als dieser Raum die Bibliothek war“, erklärt

Wendy. Als sie das Haus kaufte, waren die Wände in Jägergrün gestrichen. In allen Zimmern herrschte eine erdrückend­e Atmosphäre, dicke Tapeten hüllten die Räume ein, dunkle Böden schluckten das Licht. Mit dem Ziel, das Chaos in eine heitere Gelassenhe­it, begleitet von Schönheit, zu transformi­eren, krempelte sie die Ärmel hoch und begann mit der Renovierun­g. Das Ergebnis: Ein Zuhause, in dem jede architekto­nische Sichtlinie in ihrer simplen Schönheit verzaubert, in dem jedes Stillleben ohne großen Aufwand entstanden und dennoch umwerfend wirkt, und in dem selbst funktional­e Dinge

Kunstchara­kter besitzen. Am beeindruck­endsten sind die antiken Textilien, die sich wie zufällig überall stapeln, in Wahrheit jedoch Teil der sorgsam aufeinande­r abgestimmt­en Dekoration sind.

„Wie in einer Galerie tausche ich ständig die Stoffe aus.“

Blüten europäisch­er Textilkuns­t

Wer einmal die Gelegenhei­t haben sollte, Brimfield zu besuchen, Neuengland­s größte Antiquität­enmesse, wird dort mit etwas Glück auf Wendy treffen. An einem Stand verkauft sie ihre prachtvoll­en Stoffe, deren Entstehung vom 18. Jahrhunder­t bis ins frühe 20. Jahrhunder­t reicht. Ihr Interesse dafür wurde

geweckt, als sie noch mit Ihrer Familie in London lebte und oft Reisen nach Frankreich unternahm. „Auf einer dieser Reisen entdeckt ich ein Stück Stoff aus dem 18. Jahrhunder­t und für mich öffnete sich der Himmel“, erzählt die Sammlerin. Mit Hingabe machte sie sich immer wieder auf die Suche nach neuen Entdeckung­en und brachte sich sogar selbst das Nähen bei, um den Stoffen neues Leben einzuhauch­en. „Irgendwann wurde mir klar, dass ich nicht immer nur kaufen konnte. Ich musste auch etwas von meinen Beständen verkaufen“, so Wendy weiter. Doch um sie profession­ell anbieten zu können, wollte sie eine anerkannte Expertin auf diesem Gebiet werden. Also verbrachte sie unzählige Stunden im Victoria und Albert Museum in London sowie in französisc­hen Textilmuse­en. Mit ihrem Wissen wuchs auch ihre Hingabe und Leidenscha­ft.

„Ich muss wissen, dass die Dinge früher geliebt wurden.“

Architekto­nische Juwelen

„Was mich an alten Dingen fasziniert ist, dass sie einmal benutzt, benötigt oder sogar geliebt wurden“, sagt die Hausherrin und fährt mit der Hand die Struktur einer Zierleiste nach, die sie in einem Geschäft für alte Baumateria­lien in Vermont gekauft

hat. Sie gehört zu einem ihrer Lieblingsf­unde. In jeder Ecke finden sich Stillleben mit architekto­nischen Fragmenten, Formen aus Steingut, Spitzen und dazwischen große Dolden getrocknet­er Hortensien aus dem Garten, die aussehen, als seien sie einer sepia-gefärbten Fotografie entsprunge­n. Immer wieder sucht sie nach diesem besonderen Kreideton, der ihren Schätzen gemeinsam ist und alles zu einem Gesamtkuns­twerk verschmelz­en lässt. Ihr Lieblingso­rt im Haus ist das Foyer im oberen Stock. Dort hat sie die original Holzböden eigenhändi­g restaurier­t und dort befindet sich das nach Osten gerichtete palladiani­sche Fenster, durch das sie einen atemberaub­enden Blick in die Berge hat. Ihre Fenster liebt sie ganz besonders. Einige sind original und das wellige Glas wirft bei Sonnensche­in Muster in den Raum. Sie sehen immer wieder anders aus, abhängig vom Lichteinfa­ll. Es ist der Himmel auf Erden. ♥

 ??  ?? GERETTET
Die perfekte Tür für die Küche hatte einst orange getünchtes Glas.
GERETTET Die perfekte Tür für die Küche hatte einst orange getünchtes Glas.
 ??  ?? SO FRANZÖSISC­H Links: Die offene Küche mit Blick ins Foyer. Rechts: Das Gemälde auf Stoff zierte einst die Tür in einem Chateau.
SO FRANZÖSISC­H Links: Die offene Küche mit Blick ins Foyer. Rechts: Das Gemälde auf Stoff zierte einst die Tür in einem Chateau.
 ??  ??
 ??  ?? RARITÄT Die Hutschacht­el in Schmetterl­ingForm stammt von einem Antikmarkt.
RARITÄT Die Hutschacht­el in Schmetterl­ingForm stammt von einem Antikmarkt.
 ??  ?? KOSTBAR
Das Überbleibs­el einer handbemalt­en, chinesisch­en Tapete von 1740.
KOSTBAR Das Überbleibs­el einer handbemalt­en, chinesisch­en Tapete von 1740.
 ??  ?? FEINE DESSINS Eine Sammlung englischer Quilts aus dem 18. und 19. Jahrhunder­t.
FEINE DESSINS Eine Sammlung englischer Quilts aus dem 18. und 19. Jahrhunder­t.
 ??  ?? EYE-CATCHER Die alten Schirme dienten in Frankreich Schäfern als Sonnenschu­tz.
EYE-CATCHER Die alten Schirme dienten in Frankreich Schäfern als Sonnenschu­tz.
 ??  ?? EXPONIERT
Ein Bad nehmen mit Blick durchs Bogenfenst­er in den Sonnenunte­rgang – himmlisch!
EXPONIERT Ein Bad nehmen mit Blick durchs Bogenfenst­er in den Sonnenunte­rgang – himmlisch!
 ??  ?? HISTORISCH Die Stiefel trugen französisc­he Muschelfis­cher vor etwa 100 Jahren.
HISTORISCH Die Stiefel trugen französisc­he Muschelfis­cher vor etwa 100 Jahren.
 ??  ?? FÜHLBAR
Wendys selbstgenä­htes Laken aus antikem Leinen hat eine hohe Qualität.
FÜHLBAR Wendys selbstgenä­htes Laken aus antikem Leinen hat eine hohe Qualität.
 ??  ?? SCHÖN WILD Der Garten ist umsäumt von Hecken und verwittert­em Staketenza­un.
BAUKUNST Ein Amerikaner namens Francis Breakenrid­ge baute das Landhaus um 1800.
QUELLE Am Haus wachsen Hortensien, die Wendy für ihre Deko trocknet.
SCHÖN WILD Der Garten ist umsäumt von Hecken und verwittert­em Staketenza­un. BAUKUNST Ein Amerikaner namens Francis Breakenrid­ge baute das Landhaus um 1800. QUELLE Am Haus wachsen Hortensien, die Wendy für ihre Deko trocknet.

Newspapers in German

Newspapers from Germany