Gibt es mehr schwere Motorradunfälle als üblich?
Gefühlt häufen sich schwere Motorradunfälle in der Region. Ist das so? Und falls ja: Warum? Wir haben einen Blick in die Statistik der Polizei geworfen – und auch ein paar Tipps für mehr Sicherheit parat.
TRIER Gibt es zuletzt in der Region mehr schwere Motorradunfälle als üblich? Am Samstag starb ein 29-jähriger Motorradfahrer auf der L 150 bei Fell (Kreis Trier-Saarburg). Erst wenige Tage zuvor war auf der B421 ein 65-Jähriger ums Leben gekommen, als er in der Eifel zwischen Strotzbüsch und Hontheim auf einen Unimog auffuhr, der dort den Straßenrand mähte. Hinzu kommen mehrere Unglücke, bei denen Zweiradfahrer in den vergangenen zwei Wochen in der Eifel oder im Hunsrück schwer verletzt wurden, weil sie in der Kurve stürzten, mit einem Traktor kollidierten oder beim Abbiegen übersehen wurden.
Dass sich Motorrad-Unglücke häufen, kennt man von den ersten schönen Frühjahrswochenenden, wenn Menschen ihre Maschinen seit langem mal wieder fahren und vielleicht ein wenig ungeübt oder übermütig sind. Aber jetzt, im Spätsommer? Ist das so? Und woran könnte das liegen?
Auch Uwe Konz, Leiter der Pressestelle im Polizeipräsidium Trier, kann angesichts all dieser Meldungen verstehen, dass der Eindruck entsteht, es gebe mehr schwere Unfälle. Der Blick in die Statistik zeigt jedoch: Das Gefühl trügt.
2023 hat die Polizei im Dienstbezirk
des Präsidiums bisher sieben Unfälle erfasst, bei denen Motorradfahrer getötet wurden.
Dreimal war überhöhte Geschwindigkeit Unfallursache, zweimal Wild auf der Fahrbahn, einmal ein Fehler beim Abbiegen und einmal ein „Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot“. Wobei Konz betont, dass die Motorradfahrer nicht bei all diesen Vorfällen auch die Verursacher waren.
Im Vergleichszeitraum 2022 sei es zu acht Unfällen mit getöteten Bikern gekommen, im gesamten Jahr 2022 waren es elf. Auch im Vorjahr gab es eine Vielzahl unterschiedlicher Unfall-Orte und Ursachen. „Es sind keine Unfallhäufungs-Stellen oder -Linien ersichtlich“, sagt Konz.
Heraus sticht vor allem ein Faktor: Eine den Gegebenheiten „nicht angepasste Geschwindigkeit“spielte häufig eine Rolle. „Ungewöhnlich war 2023 sicherlich, dass durch Wild auf der Fahrbahn zwei Motorradfahrer ihr Leben verloren“, sagt der Pressesprecher.
Ein Blick in die Zahlen des Statistischen Bundesamts zeigt, dass Motorradfahrer gefährdeter sind als andere: 492 Menschen verunglückten 2022 auf einem Motorrad oder Roller tödlich, das entspricht 18 Prozent aller Verkehrstoten. Und das, obwohl die rund 4,8 Millionen Krafträder lediglich rund sieben Prozent aller in Deutschland zugelassenen Fahrzeuge ausmachen.
Eine Analyse des ADAC hatte 2021 gezeigt: Von den rund 16.000-mal, die es in Deutschland zwischen PKW und Motorrad schwer krachte, waren 93 der Unfallopfer Kraftradfahrer oder -mitfahrer. Aber 66,4 Prozent dieser Unfälle seien von PKW-Fahrern verursacht worden, schreibt der ADAC. „Warum? Weil Auto und Motorrad ungleiche Partner im Straßenverkehr sind.“
Autofahrern rät der VerkehrsClub, sich gerade auf landschaftlich schönen Strecken auf Motorradfahrer einzustellen, deren Geschwindigkeit nicht zu unterschätzen, niemals unübersichtliche Kurven zu schneiden und vor jedem Spurwechsel, Abbiegen oder Überholvorgang einen bewussten Sicherungsblick über die Schulter zu werfen. Das Navigationsgerät solle man nicht mittig unten an der Frontscheibe anbringen. „Dahinter ‚verschwinden‘ im Zweifelsfall gleich mehrere Biker.“
Motorradfahrern wiederum raten die Experten, nie davon auszugehen, dass man vom Autofahrer gesehen wird. „Vor Kreuzungen Tempo reduzieren, bremsbereit sein, Augenkontakt suchen. Vertrauen Sie grundsätzlich nicht auf die eigene Vorfahrt.“Um gesehen zu werden, solle man Abstand zu größeren Autos halten und bei mehrspurigem Kolonnenverkehr den Bereich seitlich hinter anderen Fahrzeugen meiden. „Sie befinden sich dort im toten Winkel.“
Auf Landstraßen müsse man mit überholenden Autos im Gegenverkehr rechnen. Und Linkskurven solle man nicht zu weit innen nehmen. „Durch die Schräglage ragt Ihr Körper sonst in die Gegenspur.“
„Vor Kreuzungen Tempo reduzieren, bremsbereit sein, Augenkontakt suchen. Vertrauen Sie grundsätzlich nicht auf die eigene Vorfahrt.“ADAC Die Verkehrsexperten geben Tipps für Motorradfahrer
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