Strafprozess gegen Trump beginnt mitten im Wahlkampf
WASHINGTON Tanya Chutkan hat den Braten längst gerochen. „Herr Trump muss wie jeder andere Angeklagte seine Verhandlungstermine einhalten, unabhängig von seinem Kalender“, stellte die Bundesrichterin bei der Festlegung des Strafprozessbeginns gegen den Ex-Präsidenten in Washington am 4. März kommenden Jahres klar. „Es gibt ein gesellschaftliches Interesse an einem schnellen Prozess.“Damit nahm Richterin Chutkan der Verteidigung Trumps den Wind aus den Segeln. Sie hatte unter anderem mit den Wahlkampf-Verpflichtungen
Produktion dieser Seite: Martin Wittenmeier Markus Renz
des Präsidentschaftskandidaten argumentiert.
Chutkan findet sich damit im Einklang mit der gängigen Praxis, in Strafverfahren keine Ausnahmen für Prominente zu machen. Sie müssen vor Gericht erscheinen, egal, ob der Termin mit Verpflichtungen kollidiert oder nicht. Dass der Angeklagte im Wahljahr bei drei anderen Strafprozessen in Miami, New York und Atlanta physisch anwesend sein muss und zwei Zivilverfahren anstehen hat, bei denen es um viel Geld geht, ist aus Sicht der Justiz sein Problem.
So fällt der Beginn der Verleumdungsklage E. Jean Carrolls am 15. Januar mit den ersten Vorwahlen der Republikaner in Iowa zusammen. Der Prozessbeginn in dem Strafprozess zum 6. Januar ist auf den Vorabend des Super-Dienstags terminiert, an dem in 15 Bundesstaaten Vorwahlen abgehalten werden. An diesem Tag will übrigens auch die Chefanklägerin in Georgia loslegen, die Trump dort unter anderen wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung angeklagt hat. Wenn es dabei bleibt, muss sich Richterin Chutkin mit Richter Scott McAfee abstimmen, der den Prozess in Atlanta führt.
Der Chefankläger von New York hat Flexibilität signalisiert, den für den 25. März geplanten Start des Strafverfahrens wegen der mutmaßlichen Schweigegeldzahlungen an die Pornodarstellerin Stormy Daniels nach hinten zu verlegen. Am 20. Mai soll dann auch der Geheimdokumente-Prozess vor dem Bundesgericht von Fort Pierce vor den Toren Miamis beginnen. Dieser könnte mit dem Krönungsparteitag der Republikaner Mitte Juli (15. bis 18. Juli) kollidieren. Auch hier war die Verteidigung mit dem Versuch gescheitert, den Prozess auf die Wahlen zu verschieben. Die Verfahren dauern jeweils mindestens acht Wochen. Damit wird Trump die meiste Zeit in Gerichtssälen statt im Wahlkampf verbringen.
Verteidiger John Lauro warf der Staatsanwaltschaft bei der Anhörung in Washington in einem emotionalen Einwurf vor, sie strebe einen „Schauprozess“gegen Trump an. „Freiheit und Leben“ihres Mandanten stünden auf dem Spiel. Richterin Chutkan ermahnte den hitzigen Lauro, „die Temperatur abzusenken“. Sie nehme das Anliegen der Verteidigung ernst, genügend Zeit zur Vorbereitung zu haben. Aber sechs Monate Vorlauf seien mehr als ausreichend.
Trump kündigte auf seinem Netzwerk
Berufung an, obwohl er rechtlich keine Möglichkeit dazu hat. Die Terminfestsetzung ist Angelegenheit der Richterin. Experten sagen, der Angeklagte könnte höchstens nach einem Schuldspruch versuchen, eine Berufung damit zu begründen. Die Aussichten auf Erfolg seien allerdings gering.
Der angeklagte Ex-Präsident hat kein Geheimnis daraus gemacht, dass er mit seiner erneuten Kandidatur auch das Ziel verfolgt, seine rechtlichen Probleme zu lösen. Eine Verschiebung der beiden von Sonderermittler Jack Smith angestrebten Prozesse in Washington und Miami auf die Zeit nach den Wahlen, verschaffte ihm die Chance, bei einer Rückkehr ins Weiße Haus, die Verfahren durch seinen neuen Justizminister einstellen zu lassen.