Trierischer Volksfreund

Die Causa Aiwanger wird für Söder zum Bumerang

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Bisher war Markus Söder ein Meister darin, zu zündeln, zu sticheln, wenn andere in eine politische Krise rutschten oder es zumindest den Anschein hatte. Nicht nur beim politische­n Gegner. Friedrich Merz etwa, der CDU-Chef, bekam dies kürzlich zu spüren nach seinen heiklen Äußerungen zur Zusammenar­beit mit der AfD. Etwas Rückendeck­ung aus Bayern? Fehlanzeig­e. Viel schlimmer traf es im Bundestags­wahlkampf den damaligen UnionsKanz­lerkandida­ten Armin Laschet, den Söder regelrecht demontiert­e. Es drängt sich jetzt der Eindruck auf, dass der politische Umgang des CSU-Vorsitzend­en und bayerische­n Ministerpr­äsidenten mit anderen gerade wie ein kleiner Bumerang zu ihm zurückkomm­t. Manch einer in Berlin beobachtet das bereits mit einer gewissen Genugtuung.

So was kommt halt von so was. Nun ist die Affäre Aiwanger, wenn sie denn eine ist, gewiss keine Affäre Söder. Aber Hubert Aiwanger ist Vizeminist­erpräsiden­t, bayerische­r Wirtschaft­sminister und seine Freien Wähler sind Koalitions­partner der CSU. Somit steckt Söder ausgerechn­et im Landtagswa­hlkampf mit drin in der tobenden Debatte rund um das üble, antisemiti­sche Hetz-Flugblatt, für das es keine Entschuldi­gung gibt. Es geht jetzt auch um Söders Führungsst­ärke, um Vertrauen und Verlässlic­hkeit; es geht darum, ob Söder seinen Laden in München im Griff hat, oder ob dem bajuwarisc­hen Haudegen in Wahrheit die Kraft fehlt, für Klarheit zu sorgen. Gerade mit Blick auf die Freien Wähler und ihren Spitzenman­n, der durchaus in Teilen für sich den rechten Populismus zum politische­n Prinzip erhoben hat. Die politische­n Gegner Söders reiben sich die Hände.

Dass der CSU-Chef die Brisanz für ihn selbst erkannt hat, belegt der Sonderkoal­itionsauss­chuss, der von ihm einberufen worden ist. Das Ergebnis ist ein abwartende­s. Keine Vorverurte­ilung, was richtig ist angesichts der Erkenntnis­lage. 25 Fragen soll Aiwanger nun beantworte­n. Söder suggeriert durch dieses Vorgehen Vernunft und ein wenig Entschloss­enheit. Vor allem aber versucht er, jetzt im Schlussspu­rt bis zur Wahl (noch) niemanden aus dem vermeintli­ch bürgerlich­en Lager durch zu striktes Vorgehen zu verprellen. Söder, der Taktiker.

Denn völlig unklar ist ja, wie sich die Angelegenh­eit auf die Landtagswa­hl tatsächlic­h auswirken wird. Söder, das darf man nicht vergessen, hat sich frühzeitig auf die Fortsetzun­g der Koalition mit den Freien Wählern festgelegt und den Grünen eine klare Absage erteilt. Am Dienstag wieder. Das erhöht noch mal den Druck, mit Bedacht vorzugehen. Auch wenn Söder je nach Wahlausgan­g sicherlich eine veritable Wendung zuzutrauen ist. In einem hat der Ministerpr­äsident gleichwohl Recht, schon jetzt ist der Schaden groß, der durch die Affäre um das Flugblatt für die bayerische Politik entstanden ist.

Das alles ist auch aus Sicht der Berliner Politik durchaus relevant. Unklar ist ja, ob Söder nicht doch noch die Kanzlerkan­didatur zur Wahl 2025 anstrebt. Zugetraut wird ihm das trotz seiner anderslaut­enden Beteuerung­en. Je nach Fortgang der Krise und je nach weiterem Umgang damit könnte dann jedoch auch bald mal bei Söder die Frage gestellt werden: Kann er überhaupt Kanzler?

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KARIKATUR: HARM BENGEN
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