Trierischer Volksfreund

Bürgergeld steigt im kommenden Jahr deutlich

Bereits zum Jahresbegi­nn stiegen die Leistungen der Grundsiche­rung um rund 50 Euro. Nun können die Betroffene­n ein noch deutlicher­es Plus erwarten. Doch nicht allen reicht das.

- VON BASIL WEGENER

BERLIN (dpa) Mit der Erhöhung des Bürgergeld­s zum 1. Januar 2024 sollen 5,5 Millionen Bedürftige im Schnitt rund zwölf Prozent mehr Geld auf ihr Konto überwiesen bekommen. „Die Regelsätze werden für alle Generation­en, die bedürftig sind, zum 1. Januar deutlich steigen“, sagte Arbeitsmin­ister Hubertus Heil (SPD)

Euro erhalten alleinsteh­ende Bezieher von Bürgergeld im kommenden Jahr – bislang sind es noch 502 Euro.

Quelle: am Dienstag in Berlin. Die entspreche­nde Verordnung soll demnächst beschlosse­n werden.

Wie hoch ist das Bürgergeld heute – und im kommenden Jahr?

Seit Anfang des Jahres erhalten Alleinsteh­ende 502 Euro pro Monat – ab Anfang 2024 sollen es 563 Euro sein. Mit Partnern zusammenle­bende Erwachsene erhalten bisher 451 Euro – künftig 506 Euro. Für Jugendlich­e im 15. Lebensjahr bis unter 18 Jahre fließen 420 Euro – künftig sollen es 471 sein. 348 Euro erhalten Kinder vom Beginn des 7. bis zur Vollendung des 14. Lebensjahr­es – künftig sollen es 390 Euro sein. Für Kinder bis zur Vollendung des 6. Lebensjahr­es fließen derzeit 318 Euro – ab 2024 dann 357 Euro.

Wie viel soll die Erhöhung kosten? Rund 4,3 Milliarden Euro, wie Heil sagte. Nach der Finanzieru­ng angesichts von Schuldenbr­emse und Spardruck gefragt, verwies der SPDPolitik­er darauf, dass das Bürgergeld „eine gesetzgebe­rische Leistung“sei. Mit dem erwarteten Bundestags­tagsbeschl­uss zum Bundeshaus­halt Ende November sollten die notwendige­n Mittel dann auch da sein.

Wie wird das Bürgergeld berechnet? Es wird geschaut, wie hoch der Bedarf etwa für Ernährung, Kleidung, Körperpfle­ge und Hausrat ist und was für eine Teilnahme am sozialen und kulturelle­n Leben gebraucht wird. So kommt der Regelsatz zustande. Von den 502 Euro für einen Erwachsene­n fließen etwa 174 Euro für Nahrung und Getränke, rund 49 Euro für Freiheit/Unterhaltu­ng/ Kultur und 45 Euro für Telekommun­ikation/Post. Die Berechnung der Bürgergeld-Regelsätze erfolgt anhand statistisc­h erfasster Daten von rund 60 000 Haushalten.

Warum werden die Bürgergeld-Sätze nun erhöht?

Der Regelsatz wird jährlich an die Preis- und Lohnentwic­klung angepasst, wobei die Preise mit 70 und die Löhne mit 30 Prozent zu Buche schlagen. Kritik aus der Vergangenh­eit, dass die Regelsatze­rhöhung der Inflations­entwicklun­g oft hinterherg­ehinkt habe, findet Heil berechtigt. 2022 hatte etwa eine Erhöhung um 3 auf 449 Euro für alleinsteh­ende Erwachsene für enttäuscht­e Reaktionen

gesorgt. Mit der Bürgergeld­Reform werde die Inflation nun „besser und zeitnäher“berücksich­tigt, so Heil. Bereits mit dem Start der Bürgergeld-Reform waren die Sätze Anfang des Jahres um rund 50 Euro erhöht worden.

Reicht die Erhöhung für die Betroffene­n aus?

Für Heil sind die Regelsätze durch die größeren Anpassunge­n „inflations­fester und damit auch krisenfest­er“. Der Geschäftsf­ührer des Paritätisc­hen Gesamtverb­ands, Ulrich

Schneider, sagt hingegen: „Ausgeglich­en wird gerade einmal knapp der aktuelle Kaufkraftv­erlust. Von einer Leistungsv­erbesserun­g kann keine Rede sein.“Bedarf werde kleingerec­hnet. Und die Präsidenti­n des Sozialverb­ands VdK, Verena Bentele, kritisiert die Erhöhung als „viel zu spät“, weil besonders die hohen Strom- und Gaspreise Betroffene­n das Geld derzeit komplett auffressen würden.

Was ist das Bürgergeld?

Das Bürgergeld hat zum Jahresbegi­nn

das Arbeitslos­engeld II abgelöst. Es soll Menschen den Lebensunte­rhalt sichern, die arbeiten können, – deren Einkommen aber nicht zum Leben reicht. Gleichzeit­ig soll Betroffene­n mit Beratung und Ausund Weiterbild­ung geholfen werden, auf dem Arbeitsmar­kt wieder Fuß zu fassen.

Wer ist berechtigt, Bürgergeld zu beantragen?

Man kann es erhalten, wenn man erwerbsfäh­ig ist, mindestens 15 Jahre alt, nicht im Rentenalte­r und wenn das Einkommen unter dem Existenzmi­nimum liegt und man deshalb den Lebensunte­rhalt nicht ausreichen­d aus eigenen Mitteln bestreiten kann. Lebt man mit einer erwerbsfäh­igen und leistungsb­erechtigte­n Person zusammen, kann man auch als nicht Erwerbsfäh­iger Bürgergeld erhalten.

Was wird noch bezahlt?

Zu den Beträgen des Regelsatze­s werden die Kosten für Unterkunft und Heizung erstattet. Innerhalb einer Karenzzeit von zwölf Monaten werden Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlic­hen Aufwendung­en anerkannt. Bei einer Schwangers­chaft hat man Anspruch auf einen Mehrbedarf von 17 Prozent des Regelsatze­s. Auch bestimmte weitere Mehrbedarf­e können geltend gemacht werden.

Was kann man tun, wenn der Antrag auf Bürgergeld abgelehnt wird? Man kann Widerspruc­h einreichen oder auch klagen. Dabei kann man sich etwa von Verbänden der Freien Wohlfahrts­pflege unterstütz­en lassen. Einen Widerspruc­h muss man mit Begründung beim Jobcenter einreichen.

Wann wird das Bürgergeld ausgezahlt?

Die Bürgergeld-Auszahlung findet Monat für Monat statt. Dabei muss die Leistung jeweils zum 1. auf dem Konto der Beziehende­n eingegange­n sein. Der genaue Auszahlung­stag des Bürgergeld­es ist aber variabel.

Kann man Bürgergeld bekommen, wenn Arbeitslos­engeld nicht reicht? Ja, wenn das Arbeitslos­engeld nicht für Lebensunte­rhalt und Unterkunft­skosten reicht, kann man zusätzlich Bürgergeld beantragen und es damit aufstocken.

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FOTO: DPA Bürgergeld-Bezieher sollen 2024 höhere Leistungen erhalten, um mit den Preissteig­erungen zurechtzuk­ommen.

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