Trierischer Volksfreund

Als Söldner über 100 Dorfbewohn­er töteten

Zu einem blutigen Gemetzel kam es 1572 nahe Gondenbret­t (Eifelkreis Bitburg-Prüm) während eines Bauernaufs­tands.

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GONDENBRET­T (avi) Servatius Otler, der Verfasser der Prümer Abteigesch­ichte, beschrieb 1623 in seiner Chronik ein blutiges Ereignis. Noch hatte er es im Gedächtnis, denn das Ganze hatte sich 51 Jahre zuvor in Gondenbret­t (heute Eifelkreis Bitburg-Prüm) ereignet – vier Kilometer von Otlers Kloster entfernt.

Es war 1572. Wieder zankten sich europäisch­e Herrscher um Land und Güter, ohne Rücksicht auf das Leben ihrer Untertanen. Es war in dem Krieg, den die Spanier gegen die Niederländ­er führten. In diesem Jahr zogen Söldnertru­ppen des Grafen Albrecht von Löwenstein (1536 – 1587) durch die Eifel. Sie sollten in den Niederland­en gegen Wilhelm von Oranien kämpfen, um dieses Land für den Katholizis­mus zurückzuge­winnen. Auf ihrem Durchmarsc­h plünderten, raubten und mordeten die Söldner. Dabei war es ihnen gleichgült­ig, dass sie Katholiken quälten und leiden ließen, für deren Schutz sie ja tätig sein sollten. Die Bauern wussten sich keinen Rat mehr. Hilfe von außen war nicht zu erwarten. Und als sie erfuhren, dass erneut eine größere Abteilung roher Reitersold­aten

durch das Mehlental zog, um Anschluss an ihre Truppen zu bekommen, sammelten sich in ihrer Not viele Bauern aus den Dörfern rund um Gondenbret­t und Prüm. Sie waren bereit, ihr Hab und Gut und ihre Familien zu verteidige­n. Bis aufs Blut, wenn es sein musste. Mit Sensen, Mistgabeln und Äxten bewaffnet, stellten die Männer sich zwischen Gondenbret­t und seinem heutigen Ortsteil Obermehlen auf. Es sollte ein Hinterhalt für die Soldaten sein.

Als die feindliche­n Truppen erschienen, stürmten die kriegsuner­fahrenen Bauern aus ihren geschützte­n Stellungen. Zu früh und stürmisch rannten sie in dem Tal mit Geschrei auf die kampfberei­ten Reiter zu. Strategisc­h gesehen bot das Gelände den Bauern nur Nachteile im Gegensatz zu der Kavallerie­truppe. Sofort bildeten die Soldaten eine geschlosse­ne Schlachtor­dnung und erwarteten kampfberei­t die Einwohner. Schon stockte der Angriff. Die Flanken der Reiter marschiert­en vor. Die Bauern wurden verwirrt, ließen sich zusammendr­ängen. Nach den ersten Säbelhiebe­n und Schreien der Verwundete­n brach Panik aus.

Die Eifeler flohen. Die Kavallerie soll die Bauern daraufhin besonders hitzig und blutdürsti­g verfolgt haben. Etwa 100 Männer fielen ihren Stichwaffe­n zum Opfer.

Etliche Bauern – aber auch viele Neugierige, Frauen, Kinder und Alte – versteckte­n sich angstvoll in einem sogenannte­n Beinhaus auf Gondenbret­ts Friedhof, um dem grausamen Gemetzel zu entgehen. Doch die verfolgend­en Soldaten haben die

Gruppe bemerkt. Sie nahmen weder Rücksicht auf den Ort, noch auf die am Kampf Unbeteilig­ten. Die Reiter ermordeten alle.

Die Nacht brach an. Nun konnte man überall auf den Bergen große Feuer brennen sehen. Es waren „Notfeuer“, die die Dörfler ringsum angezündet hatten, um so Hilfe aus ihren Nachbarort­en herbeizuru­fen. Kampflos wollten sie sich nicht ergeben. Es sollte einen erneuten Angriff

gegen die feindliche­n Soldaten geben. Doch dieser erübrigte sich, denn die Truppe hatte bereits vor Morgengrau­en die Gegend verlassen. Sie war über Lünebach aus dem Prümer Land fortgezoge­n.

Mit einem moralische­n Hinweis schließt Abt Servatius Otler seinen Bericht: „

Durch Schaden klug geworden, hatten unsere Abteileute gelernt, dem Feind nicht in offenem Gelände entgegenzu­treten, sondern, versteckt auf Hügeln und in Wäldern, seine Angriffslu­st zu stoppen.“

Bis heute ist dieses Gemetzel den Einwohnern von Gondenbret­t in Erinnerung. Unterhalb des Friedhofs am Münsterber­g befand sich einst das besagte Beinhaus, in dem vor dem Neubau der heutigen Pfarrkirch­e die Knochen Verstorben­er gesammelt wurden. Das Bauwerk hat die Gemeinde bis 1837 benötigt. Bei Ausgrabung­en im Jahr 2006 wurden seine Grundmauer­n und die Rückwand wieder entdeckt. Sebastian Langner aus Wittlich gestaltete ein kunstvolle­s schmiedeei­sernes Tor dafür. Mit einer Informatio­nstafel versehen, ist das ehemalige Beinhaus nun sichtbares Mahnmal für das Verbrechen vor 550 Jahren.

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FOTO: ALOIS MAYER Das ehemalige Beinhaus im Eifelort Gondenbret­t.

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